: WM-Maskottchen Goleo ist vergiftet
Ökoexperten warnen vor den Fanartikeln für die Fußball-Weltmeisterschaft. Die meisten Produkte enthalten Gifte wie Weichmacher. Diese können die Fruchtbarkeit mindern oder Krebs erzeugen. Nur wenige Hersteller reagieren auf die Kritik
VON HANNA GERSMANN
Nennen wir es das WM-Survival-Kit: Fan-Schal, Fan-Trikot und –für alle, die Plüschlöwen ohne Hosen mögen – das Maskottchen Goleo. Allein: Diese Grundausstattung für Fußballfreunde ist vergiftet. Die Zeitschrift Ökotest hat 19 WM-Artikel für die Juni-Ausgabe untersucht: Nur ein Produkt war ohne Schadstoffe.
„Auf der WM Sport- & Freizeitdecke ‚grünes Fußballfeld‘ können Sie sich getrost zur WM-Party niederlassen“, erklärt Kerstin Scheidecker, die den Ökotest-Test geleitet hat. Von den meisten anderen Fan-Utensilien aber rät sie ab. Neun erhielten sogar ein „ungenügend“. Darunter auch Goleo.
Das von der US-Puppenfirma Jim Henson entwickelte und von der fränkischen Firma Nici hergestellte WM-Maskottchen enthält Dibutylzinn. Dem Laien sagt der Name dieses Stoffs, der gegen Feuer schützen soll, wenig. Doch Carolin Zerger, die Chemieexpertin des Umweltverbandes BUND, weiß: „Die Chemikalie ist giftig, sie schädigt das Immunsystem und verringert die Fruchtbarkeit.“ Deshalb sei mit Goleo nicht gut kuscheln. Das Gift löse sich, wandere über die Haut in den Körper – und wirke schon in geringen Mengen.
„Wir machen nichts Verbotenes“, versichert hingegen Steffi Gunzelmann, die Sprecherin des Herstellers. Ökotest setze zu hohe Standards. Tatsächlich ist Goleo nicht giftiger als erlaubt. Aus Sicht der Ökotester haben die Stoffe im Plüschtier trotzdem nichts zu suchen.
Helge Stromberg, Chef von Van Dillen Asiatex, meint indes: „Ökotest untersucht oberflächlich.“ Seine Firma produziert die WM-Bettwäsche Goleo. In ihr fanden die Ökotester giftige Farbstoffe und krebserzeugendes Formaldehyd. Stromberg hat ihnen zwar Gegengutachten geschickt, die besagen, das Bettzeug sei ohne Gift. Ökotesterin Scheidecker aber kontert: „Vielleicht ist das eine andere Charge.“ An ihrem Resultat gebe es nichts zu deuteln – „es ist seriös“. Der Umweltbeauftragte bei Adidas, Frank Henke, sagt immerhin: „Wir werden unsere Materialien noch mal besprechen.“ In der Adilette World Cup Slide stecken nämlich Weichmacher. Diese machen Plastik flexibel – und den Menschen krank.
Genauso „ungenügend“ sind laut Ökotest die Deutschlandfahne ohne Adler von Eintracht Frankfurt, der Goleo-VI-Kinderfreizeitschuh rot/Klettverschluss von Deichmann und das T-Shirt 2006 FiFa World Cup mit Flaggenschmetterlingen von Karstadt. Auch die WM-Kinder- Stoppersocke schwarz-rot-gelb von Kettenbach, der kleine rote WM-Fan-Ball Gr. 2 von Tramondi und die WM-Gürteltasche von Beheim fielen beim Gifttest durch. Beheim gab sich übrigens besonders gelassen. Er schrieb an Ökotest: Es gebe so viele gefälschte Artikel auf dem Markt. Wer wisse, ob das Produkt aus dem eigenen Hause komme.
Für BUND-Chef Gerhard Timm ist klar: „Hier wird Profit auf Kosten der Gesundheit gemacht.“ Allein in Europa rechnen die Hersteller der WM-Fan-Artikel mit mehr als einer Milliarde Euro Umsatz. Letzter WM-Tipp der Tester: „Selten schneidet ein Produkt so hervorragend ab wie Bier“, sagt Scheidecker.