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Archiv-Artikel

Ohne Wachstum helfen auch Minijobs dem Arbeitsmarkt nicht Erfolgreiche Schönfärberei

Es klingt wie eine Erfolgsmeldung: Die Zahl der Minijobber ist gestiegen. Ende März arbeiteten 6,5 Millionen Menschen als geringfügig Beschäftigte. Endlich scheint wenigstens einmal ein Arbeitsmarktinstrument zu funktionieren. Doch wäre eine solche Einschätzung geschönt. In diesem Jahr wurde an Minijobs nur gewonnen, was im letzten Jahr verloren ging. Die geringfügige Beschäftigung ist ein saisonales Geschäft.

Interessant sind eher die Details der Statistik. Eine Erkenntnis: Minijobs sind ein Westphänomen und im Osten sehr selten. Das ist niederschmetternd für die Politik. Offensichtlich lässt sich Arbeit noch nicht einmal zu Dumpingpreisen schaffen, wenn – wie im Osten – Käufer und Nachfrage fehlen. Die Wirtschaft muss florieren, damit Minijobs entstehen. Wenn überhaupt, dann führt Wachstum zu Arbeitsplätzen, nicht umgekehrt. Wieder einmal zeigt sich, dass die Kernannahme der Hartz-Reformen falsch war: Man dachte, dass nur der Arbeitsmarkt umzubauen sei, damit sich ein Boom einstellt. Ein Irrtum, leider.

Auch interessant an der Statistik: Fast 300.000 geringfügig Beschäftigte verrichten zwei Minijobs. Das ist besonders für Ehefrauen attraktiv, die über ihren Gatten bereits sozialversichert sind. Diese wundersame Vermehrung der Billigjobs hat nur einen Nachteil: Die sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze schwinden. Immer weniger Beitragszahler müssen für immer mehr Kranke und Rentner aufkommen. Das kann nicht gut gehen.

Die Regierung will nun gegensteuern. Ab Januar steigt die Pauschale von 25 auf 30 Prozent, die die Arbeitgeber pro Minijob an Staat und Sozialkassen überweisen müssen. Es ist nicht falsch, die Minijobs teurer zu machen. Doch wird wieder nur an Ausnahmen herumgebastelt, das Grundproblem bleibt: Die Einkommenssteuern sind von der Gehaltshöhe abhängig; die Sozialbeiträge aber liegen für alle bei 42 Prozent. Damit werden Geringverdiener besonders stark belastet. Die Minijobs ändern nichts an dieser eklatanten Ungerechtigkeit, weil sie vor allem Rentner und Hausfrauen fördern. ULRIKE HERRMANN