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Archiv-Artikel

DIE CO2-ZERTIFIKATE DÜRFEN NICHT ZU BILLIG VERSCHLEUDERT WERDEN Ein peinlicher Erfolg für die Umwelt

Erinnern Sie sich noch? Im Frühjahr 2004 hatten die beiden um jede Tonne Kohlendioxid gekämpft: Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Die Grünen) und Bundeswirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD). Clement, ein Freund der emissionsreichen Kohle, wollte der deutschen Industrie den Ausstoß von 505 Millionen Tonnen CO2 jährlich gestatten. Trittin wollte den Betrieben hingegen nur 488 Millionen Tonnen gewähren. Man einigte sich schließlich auf 495 Millionen Tonnen. Und es war beileibe kein leichter Kompromiss. Mitunter hatte man in der Debatte den Eindruck, jede reduzierte Tonne treibe die deutsche Wirtschaft ein Stück weiter in den Ruin.

Doch nun gibt es die ersten Zahlen im Rückblick – und die sind ausgesprochen peinlich für alle, die damals das deutsche Kontingent aushandelten. Denn der reale Ausstoß im Jahr 2005 lag bei „nur“ 474 Millionen Tonnen. Also niedriger als alles, was einst diskutiert wurde. Selbst Trittin – vom CSU-Haudegen Michael Glos seinerzeit gar als „Ökostalinist“ verunglimpft – entpuppt sich damit im Nachhinein als umweltpolitischer Softie. Denn auch er wollte den Unternehmen mehr Zertifikate zuteilen, als sie letztendlich gebraucht haben. Der grüne Umweltminister hatte offensichtlich Angst vor seiner eigenen Courage.

Der Imageschaden für den CO2-Handel ist groß – was sehr bedauerlich ist, weil der Emissionshandel an sich ein äußerst attraktives Instrument des Klimaschutzes ist. Nur er kann nämlich mit den Gesetzen des Marktes so viel an Energieeffizienz erreichen. Wer das will, darf die Zertifikate aber nicht leichtfertig verschleudern.

Und genau das hat die Politik getan. Damit wurde die erste Handelsperiode von 2005 bis 2007 völlig vergeigt. Die Zahlen für 2005 geben für dieses und auch für das nächste Jahr ein fatales Signal. Schließlich bremst die Erkenntnis, dass auch ohne Emissionsreduktionen genug Zertifikate für alle da sind, den Fortschritt der Energieeffizienz erheblich. Die Firmen werden daher in den bevorstehenden anderthalb Jahren nur noch dort in sparsamere Technik investieren, wo es die Energiepreise ohnehin attraktiv machen.

Nun gibt es noch eine zweite Chance ab 2008, da dann die Zuteilung der Kontingente neu geregelt wird. Das Verfahren läuft aktuell. Die Zahlen von 2005 kommen also gerade recht als Signal. Sie zeigen: Wir brauchen endlich satte Reduktionsvorgaben. Wer an dem Regime des Zertifikatehandels festhalten will, darf sich kein zweites Mal mit Pseudoquoten lächerlich machen. Sonst ist der Emissionshandel tot. BERNWARD JANZING