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Archiv-Artikel

Mode, Öl und Leidenschaft

Susan Kandels Cece-Caruso-Krimi „Gefahr steht ihr gut“ und Jörg von Uthmanns Kulturgeschichte des Mordes

Nicht in jedem Fall stellen die Fahrer, die Cece Caruso in ihren Autos verfolgen, für sie, wie man meint, eine Bedrohung dar. Einmal mögen sie es auf Ceces Leben und Gesundheit abgesehen haben. Das andere Mal sind sie nur an ihrem Testament-T-Shirt aus der ersten Serienstaffel interessiert, das sie beim Joggen trug – und das sie ihr nun für jeden Preis abkaufen wollen. Man weiß es eben nie so genau.

Cece Caruso lebt ja durchaus gefährlich. Schließlich löst sie den einen oder anderen Kriminalfall. Zwar ist sie Autorin und verdient ihr Geld, indem sie Biografien berühmter Krimiautoren verfasst. Doch bei dieser Arbeit tun sich eben leicht neue Fälle auf. Etwa als sie über dem Leben von Erle Stanley Gardner brütet und träumt, sie heirate Perry Mason. Wenigstens so intensiv, wie sich Cece Caruso mit ihren Krimiautoren auseinander setzt, beschäftigt sie sich mit ihrer Garderobe. Denn Cece ist ein Fashion Aficionado. Kein Fashion Victim, das nur die neuesten Brand Names an seinem Körper ausstellt, sondern Kennerin und Sammlerin. Deshalb trägt sie eine Ossie-Clark-Imitation, ein zirka 1974 entstandenes Kleid zu hochhackigen Mary-Jane-Pumps von Prada – oder eben, selbst beim Sport, eine T-Shirt-Rarität. Das kann dann zu merkwürdigen Verwicklungen führen.

Und natürlich zu Fans. Cece Caruso, entworfen von Susan Kandel, ehemals Kunstkritikerin bei der Los Angeles Times, hat schon mit ihrem ersten Fall das Zeug zur Kultfigur. Der angenehme Schuss proletarischen Pragmatismus der die frühere Schönheitskönigin aus New Jersey verrät, macht die Neununddreißigjährige mit dem einprägsamen Namen im etwas prätentiösen West Hollywood unweigerlich zum Charakter. Und ihr stets selbstironisch kommentierter, gleichwohl ernsthaft gepflegter Modetick lässt sich immer dann zuverlässig einsetzen, wenn ganz unterschiedliche Epochen, Schauplätze und Situation elegant verbunden werden wollen.

Erle Stanley Gardner wiederum ist nicht nur für seine fast einhundert Perry-Mason-Romane berühmt, sondern auch für sein „Gericht der letzten Rettung“. Als er es 1948 ins Leben rief, ging es ihm darum, unschuldig Verurteilte aus den Fängen der Justiz zu befreien, wie Jörg von Uthmann in „Killer, Krimis, Kommissare“ weiß. Seine gerade erschienene „Kleine Kulturgeschichte des Mordes“ ist eine höchst unterhaltsame, bestens informierte, kurz: lesenswerte Skizze zur Geschichte der Kriminalistik und ihrer Rolle als Vorlage für Literatur und Film.

In den Akten des „Gerichts der letzten Zuflucht“ – wie Gardners Initiative bei Hans Pfitzinger heißt, der Kandel entspannt und doch präzise ins Deutsche übertragen hat –, stößt Cece Caruso nun auf einen Fall, der Gardners Aufmerksamkeit wohl entging, obwohl gerade er ihn hätte interessieren müssen. Neugierig geworden, stößt sie bei ihren Recherchen auf eine alte Lady mit dem denkbar größten Schrank voll Vintage-Kleidern samt gut aussehendem Sohn.

Die Geschichte um Öl und Leidenschaft, in dem die beiden eine Hauptrolle spielen – neben dem unschuldig in Tehachapi einsitzenden Joseph Albacco jr., der sich einst nach seiner Verurteilung an Gardner gewandt hatte – entwickelt eine ähnliche Aura und Qualität wie Roman Polanskis „China Town“: Als weiteres gut recherchiertes Beispiel jenes Beutekapitalismus, der in Kalifornien selbst Anfang des 20. Jahrhunderts noch immer Dynastien begründete.

BRIGITTE WERNEBURG

Susan Kandel: „Gefahr steht ihr gut“. Ein Cece-Caruso-Krimi, übersetzt von Hans Pfitzinger, btb, München 2006, 288 S., 9 Euro Jörg von Uthmann: „Killer – Krimis – Kommissare. Kleine Kulturgeschichte des Mordes“. Beck’sche Reihe, München 2006, 293 S., 31 Abb., 12,90 Euro