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Archiv-Artikel

US-Militärschlag bleibt Option

Wann der Iran aus der Sicht Washingtons die „rote Linie“ übertreten hat, bleibt aber offen. Teheran betont den Forschungszweck des Atomprogramms und fordert vom Westen Kompromissbereitschaft

BERLIN taz ■ In der US-Regierung ist noch keine Entscheidung über einen Angriff auf den Iran wegen des Atomstreits gefallen, aber die militärische Option ist nicht vom Tisch. Dies betonten Experten aus Washington, die zu Wochenbeginn an einer zweitägigen Konferenz der Hessischen Stiftung Friedens- und Konfliktforschung (HSFK) in Berlin teilnahmen. Eine Entscheidung über den weiteren Kurs der USA könne womöglich im Vorfeld der Kongress- und Senatswahlen im November fallen.

Offen ist auch, wann der Iran nach Auffassung der US-Regierung die „rote Linie“ überschritten hat: wenn er vor dem Besitz von Atomwaffen steht, wenn er die Fähigkeit hat, diese zu entwickeln, oder schon – so die israelische Position – wenn er in der Lage ist, die Urananreicherung durchzuführen. Letzteres bedeutet, dass die Islamische Republik bereits heute eine Gefahr für die Region darstellt. Israelische Experten gehen auch davon aus, dass die iranische Raketentechnik bereits so fortgeschritten ist, dass Teheran auch Ziele in Israel oder Westeuropa erreichen kann.

Iranische Teilnehmer der Konferenz betonten das Recht ihres Landes auf den vollständigen atomaren Brennstoffkreislauf und forderten westliche Staaten auf, Kompromissbereitschaft zu zeigen, um zu einer einvernehmlichen Lösung zu gelangen. Gestern beteuerte der iranische Botschafter bei der Internationalen Atomenergiebehörde in Genf, Aliasghar Soltanijeh, erneut, die Urananreicherung seines Landes diene ausschließlich Forschungszwecken. „Die Entscheidung für diese Aktivitäten, vor allem die Anreicherung für Forschung und Entwicklung, ist unumkehrbar“, sagte er gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters. Die iranische Regierung argumentiert, sie sei auf die friedliche Nutzung der Atomenergie für die Stromversorgung angewiesen, da die Öl- und Gasvorräte des Landes endlich seien.

Der ehemalige Nationale Sicherheitsberater von US-Präsident Jimmy Carter, der 78-jährige Zbigniew Brzezinski, sagte am Mittwoch bei einem Gespräch in der American Academy in Berlin, er erkenne berechtigte Sicherheitsinteressen des Iran an. Auch darüber müsse gesprochen werden, wenn man wirklich eine Verhandlungslösung mit dem Iran suche. Zwar hätten die „obszönen Äußerungen“ des iranischen Präsidenten Ahmadinedschad gegenüber Israel die Situation verschärft, doch auch die militärischen Drohungen der Bush-Regierung seien auf diesem Wege wenig hilfreich, ebenso wie die Formulierung des in Teheran anzustrebenden „Regimewechsels“. Er sei nicht sicher, sagte Brzezinski, ob Washington an einer Verhandlungslösung interessiert sei oder vielmehr daran, eine solche zu verhindern.

Bereits am Vortag hatte Brzezinski auf der Konferenz der HSFK erklärt, er sehe ein beträchtliches demokratisches Potenzial im Iran und die Voraussetzungen für eine weniger auto- und theokratische Struktur, wenn politische Veränderungen von innen heraus entstehen. Brzezinski ist auch im Beirat der „Internationalen Crisis Group“, die am 23. Februar einen Drei-Phasen-Plan für eine Kompromisslösung vorgelegt hat.

B.S., PKT