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Archiv-Artikel

Die schlappe rechte Hand

Freispruch im Wasserturm-Prozess nach Steinwurftest in den Wallanlagen

Amtsrichter Cornelius Wendler ist für Überraschungen gut: Am gestrigen dritten Verhandlungstag im Verfahren gegen Martin B. wegen eines vermeintlichen Steinwurfs auf Polizisten verblüffte er die Prozessbeteiligten mit dem unkonventionellen Vorschlag, die Verhandlung kurzerhand aus dem Strafjustizgebäude in die nahen Wallanlagen zu verlegen, um dort die Wurftechnik des Angeklagten zu testen. Nach jeweils zwei Steinwürfen mit links und rechts waren sich die Beteiligten einig: Freispruch.

Der Aktivist gegen das Luxushotel im Schanzenpark gehörte zu einer militanten Gruppe, die am 17. Februar 2005 frühmorgens die Wasserturm-Baustelle attackiert hatte. Dabei soll B. einen Stein auf einen Beamten geworfen haben und war deswegen wegen versuchter schwerer Körperverletzung angeklagt. Der Polizist Jörg S. wollte sicher gesehen haben, wie B. einen „faustgroßen Gegenstand mit der rechten Hand“ geworfen habe. B. ist aber Linkshänder, was Verteidiger Andreas Beuth durch einen Gutachter belegen lassen wollte.

Doch der gerichtliche Steinwurftest, der krasse Defizite in der Wurftechnik der rechten Hand offenbarte, brachte die Erhellung. „Entweder hat der Beamte unrichtige Angaben oder unrichtige Beobachtungen gemacht“, sagte Wendler in seinem Urteil. „Die Aussage ist wenig glaubwürdig.“ Dem schloss sich Staatsanwältin Mona Rickert an: „Wenn der Zeuge dort irrt, kann er sich auch in anderen Punkten geirrt haben.“

Im zweiten Komplex ist B. indes wegen Beleidigung zu 30 Tagessätzen á 15 Euro verurteilt worden. Er soll einen Polizisten, der ihn bei einer Demo abdrängte, da er vor dem Lenkungsfahrzeug der Polizei marschierte, als „blöder Legionär“ betitelt haben. Im Gegensatz zu Beuth sah Wendler darin eine Beleidigung: „Unter Legionären versteht man auch bezahlte Killer.“

Zugleich stellte der Richter jedoch das Agieren der Polizei in Frage: Ob jemand verpflichtet ist, hinter dem Polizeiauto zu demonstrieren, „müsste mal vom Bundesverfassungsgericht geklärt werden“. Kai von Appen