: Widersprüchliche Signale aus Teheran
Irans Parlament stärkt Staatschef Ahmadinedschad den Rücken und bekräftigt Kündigung freiwilliger Vereinbarungen Irans mit der IAEO. Demgegenüber wollen moderate Kräfte weiter verhandeln und setzen auf den russischen Vermittlungsvorschlag
VON BAHMAN NIRUMAND
Das iranische Parlament hat gestern in einer nichtöffentlichen Sitzung über den Atomstreit debattiert und wie der Chefunterhändler für bei Nuklearverhandlungen, Ali Laridschani sagte, die Maßnahmen der Regierung voll unterstützt. Dazu gehöre auch die Kündigung aller „freiwillig“ eingegangenen Verpflichtungen gegenüber der Internationalen Atombehörde (IAEO).
In einem Erlass des Staatspräsidenten an die iranische Atombehörde heißt es, Iran habe zweieinhalb Jahre lang eng mit der Internationalen Atombehörde kooperiert. Dennoch habe sich der Gouverneursrat „unter politischem Druck einiger Länder“ über international vereinbarte Gesetze und Rechte hinweggesetzt und damit nicht nur Irans Rechte missachtet, sondern auch die IAEO „diskreditiert“. Die Regierung bedauere den „voreiligen Beschluss“ und sehe sich nun verpflichtet, dem im vergangenen November vom Parlament verabschiedeten Gesetz Folge zu leisten und alle freiwilligen Vereinbarungen mit der IAEO zu kündigen.
Das bedeutet konkret, dass Iran sich nicht mehr an das Zusatzprotokoll zum Atomwaffensperrvertrag, das unangemeldete Inspektionen erlaubt, gebunden fühlt. Gleichzeitig wird in dem Erlass betont, Iran werde nach wie vor seine „friedlichen Nuklearaktivitäten“ im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags fortsetzen. Die iranische Atombehörde solle nun alle wissenschaftlichen Kräfte einsetzen und in Zusammenarbeit mit den Forschungsinstituten und Universitäten die Nukleartechnologie weiterentwickeln.
Vor einer Versammlung von Kommunikationstechnikern sagte Staatschef Ahmadinedschad, gerichtet an den Westen: „Ihr könnt so viel Resolutionen verabschieden, wie ihr wollt. Das wird den Fortschritt des iranischen Volkes nicht aufhalten. Nicht wir brauchen euch, ihr braucht uns.“ Nun ist entscheidend, ob Iran diese kompromisslose Haltung fortsetzt oder es den moderateren Kräften noch gelingt, einen Ausweg aus der Krise zu finden. Als mögliche Lösung bietet sich der russische Vermittlungsvorschlag an, wonach Iran die Umwandlung von Uran im eigenen Land erlaubt wird, die Anreicherung und Herstellung des atomaren Brennstoffs in Russland erfolgen soll.
Irans Vize-Chefunterhändler, Dawud Waidi, hatte erklärt, mit der von der IAEO verabschiedeten Resolution werde „der diplomatische Prozess gestoppt“, auch die Verhandlungen über den russischen Vorschlag seien hinfällig. Demgegenüber erklärte Außenamtssprecher Hamid-Res Assefi am Sonntag: „Der Verhandlungsweg ist weiter offen, und wir werden im kommenden Monat unser größtmögliches diplomatisches Vermögen einsetzen.“ Die Verhandlungen mit Moskau sind für den 16. Februar geplant.
Diese Stellungnahme relativierte Laridschani gestern. „Wir werden den russischen Vorschlag prüfen“, sagte er. Zwar sei die Situation „eine andere als vorher“. Auch „das Potenzial“ des russischen Vorschlags sei geringer geworden. Doch werde man sich damit auseinander setzen.
Die unterschiedlichen Stellungnahmen sind auf unterschiedliche Positionen der Fraktionen im Lager der Konservativen zurückzuführen. Während die radikalen Islamisten wie Ahmadinedschad die kompromisslose Linie fortsetzen wollen, versuchen andere wie Exstaatspräsident Haschemi Rafsandschani, eine weitere Eskalation des Konflikts zu verhindern. Der einflussreiche Politiker Rafsandschani sagte bereits einen Tag vor dem IAEO-Beschluss, die UNO in den iranischen Atomkonflikt einzubeziehen: „Wir erwarten und hoffen, dass in der verbleibenden Zeit die Positionen noch einmal überdacht werden.“ Wenn die Befürchtung bestehe, dass Iran den Bau von Nuklearwaffen plane, gebe es genug Möglichkeiten, um den Verdacht auszuräumen.
Auch der frühere, reformorientierte Staatspräsident Mohammed Chatami meinte, bei dem Atomstreit gehe es nicht um juristische, sondern um politische Fragen. Daher müsse auch die iranische Seite behutsam und diplomatisch klug vorgehen. „Wir müssen kompromissbereit sein, sonst wird man uns unsere Rechte verweigern und wir werden mit noch größeren Problemen zu kämpfen haben.“
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