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Archiv-Artikel

Klum statt Klimakonferenz!

Der Klimaschutz muss raus aus den Nachrichtensendungen und rein in „Wetten, dass …?“. Erst wenn Heidi Klum bei der Laudatio auf tapfere Stromrebellen weinend zusammenbricht, wird alles gut

VON MARTIN UNFRIED

Schluss mit dem Gequatsche über Kioto: Das ist meine Erkenntnis aus dem vergangenen Jahr. Diese gut gemeinten aufklärenden Berichte, die Aufsager der besorgten Korrespondenten zerstören wahrscheinlich das Weltklima mehr als alle chinesischen Kohlekraftwerke zusammen. Diese harmlosen Fernsehbilder nämlich laden unentwegt negativ auf. Sie vermiesen uns den schönen Klimaschutz, also auch das faszinierende Sparauto, das Passivhaus, die Bahnfahrt und das Solarmodul.

Das funktioniert so: Kuckt man einen 90-Sekunden Fernsehbericht, zuletzt etwa zum Klimagipfel in Montreal, dann überfällt einen sofort der Weltschmerz. Es bleibt nichts als ein ungutes Gefühl der Ohnmacht. Die Sache ist ja mulilateral so verflucht verwickelt, unglaublich volkswirtschaftlich anstrengend (was das kostet!) und am Ende sowieso immer wieder amerikanisch hundsgemein (Hummer!). Gern wird das Ganze auch noch moralisch verrührt, denn ein jeder soll sich erst mal immer selbst an die eigene Vielfliegernase fassen. Seit einem Jahrzehnt wiederholt sich das. Eine dermaßen miese Aufladung haben nicht mal Osthoff und Guantánamo zusammen.

Darum braucht der Klimaschutz dringend ein neues Marketing. Er muss elektrisieren und nicht deprimieren. Er muss raus aus den Nachrichten und rein in die Unterhaltungssendungen. Und er muss von seinen größten Gegner lernen, den Klimaschändern. Deren positives Image ist doch nicht gottgegeben! Des Volkes Liebe und Leidenschaft ist ehrlich gekauft und geschmiert.

Nehmen wir als Beispiel die Samstagabendunterhaltungssendung „Wetten, dass…?“ (heute wieder, 20.15 Uhr): Zuletzt ließ man einen VW Touareg ein Rennen gegen eine Pferdekutsche fahren. Am Steuer sitzt die sympathische Rallyefahrerin Jutta Kleinschmidt mit VW-Emblem (40 x 40cm) auf dem Overall. Abermillionen Deutsche spüren sofort, welche positive Aufladung hier von Moderator Thomas Gottschalk und der Kleinschmidt rüberspringt zu diesem herrlichen Wüstenfahrzeug.

Das klappt auch mit Kevin Kuranyi, einem Fußballspieler, der in der neuen B-Klasse von Mercedes angekarrt wird. Ist doch freundlich, wie diese B-Klasse uns und den DFB zum WM-Titel fährt, oder? „Toller Wagen“, sagt der Thommy en passant, und damit steht es 2:0 für die CO2-Monster. Man darf gespannt sein, was heute Abend alles beworben wird.

Es gilt nun, nicht zum wiederholten Mal darüber zu klagen, sondern davon zu lernen. Also, Freunde des Klimaschutzes: Wir kaufen uns auch im ZDF ein. Das DFB-Sponsoring von „Wetten, dass …?“ übernimmt Enercon, der größte deutsche Windanlagenbauer. Leise surrt im Werbeclip eine schicke Windmühle über den Köpfen der deutschen Fußballer. Gottschalks Text lautet: „Super Anlage. Erinnert mich an Pamela Anderson! “ Er muss sich sowohl für die Schönheit der neuen E 112 begeistern (Bildvorschlag: Super Slow Motion drehender Rotoren zur Musik von „Wind of Change“) als auch für die Finanzanlage am Windpark, die der ZDF-Zuschauer gewinnen kann (Gottschalk: „Wahnsinns-Rendite!“).

Dann kommt die Wette: Elektroingenieur Jürgen kann photovoltaischen Strom mit der Zunge am angenehmen Kribbeln von Stein-, Braunkohlen- und Atomstrom unterscheiden. Er trägt einen Overall von „Solarworld“, dem hoffungsvollen Shootingstar am Aktienhimmel.

Danach folgt das „Sportstudio“. Präsentiert von Twike, dem superleichten Elektrotrend-Mobil. Und am nächsten Abend ist Promigala: die Vergabe des Eurosolarpreises zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr, diesmal in der ARD.

Heidi Klum hält eine Laudatio auf die Schönauer Stromrebellen und beginnt zu weinen, als sie vom Kampf gegen die Konzerne erzählt. Am Ende überreicht Franz Beckenbauer an den Solarpapst und SPD-MdB Hermann Scheer den Scheck für das von OBI gesponserte 1.000-Megawatt-PV-Kraftwerk auf 10.000 Fußballstadien der Republik.

Sehen Sie: Das ist es, was ich unter positiver Aufladung verstehe. Nur so kommen der Klimaschutz und seine Produkte raus aus der Sauerbierecke.

Wer braucht denn dann noch diese lächerlichen Klimagipfel mit ihren Pipifaxbeschlüssen? Die Amerikaner und Chinesen werden auf den Knien heranschrubben, um zu erkunden, warum wir hier so blühen.

Ja, wir werden blühen – im Glanze des Glückes der Effizienzrevolution und im Nirwana der ewig Erneuerbaren.