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Archiv-Artikel

CDU und SPD loben Deutschpflicht

Ein Fremdsprachen-Verbot auf dem Schulhof finden sogar Wolfgang Thierse und die Migrationsbeauftragte Maria Böhmer gut. In Berlin gibt es eine zweite Schule mit Deutschpflicht. Die Schüler sollen auch daheim Deutsch sprechen, verlangt der Rektor

AUS BERLIN KERSTIN SPECKNER

Ein Fremdsprachen-Verbot auf Schulhöfen findet bei Bundespolitikern von CDU und SPD Unterstützung: Die Migrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), hält eine Deutsch-Pflicht für sinnvoll: „Ja zu Deutsch im gesamten schulischen Leben heißt auch Ja zur Integration.“ Die vorgeschriebene Sprachpraxis solle Deutsch im Alltag der Kinder verankern. Auch Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) ist für solche Maßnahmen: „Sie zeigen, dass wir unser Bemühen um Integration ernster nehmen.“

Die Berliner Herbert-Hoover-Schule hatte ihre SchülerInnen per Hausordnung dazu verpflichtet, auch außerhalb des Unterrichts nur Deutsch zu sprechen. Berlins Schulsenator Klaus Böger (SPD) empfiehlt dieses Vorgehen auch anderen Schulen.

Schulleiter Ron Tannert von der Borsig-Realschule im Berliner Stadtteil Kreuzberg ist ebenfalls für das Verbot. Die Hausordnung seiner Schule schreibt die Deutschpflicht in den Pausen fest. In den Elternhäusern werde oft gar kein Deutsch gesprochen werde, sagte Tannert der taz.

„Wichtig ist, dass die Schule sich positioniert“, sagte Tannert. „Durchsetzen können wir das natürlich nicht. Es ist ein aussichtsloser Kampf. Wir wollen ja nicht wie Polizisten durchs Schulhaus rennen.“ Wirkliche Erfolge durch die Sprachpflicht, die schon seit drei Jahren besteht, könne er nicht belegen, aber darum geht es ihm auch nicht. „Die Schüler müssen sich daran gewöhnen, dass es Situationen gibt, in denen man Deutsch sprechen muss, auch außerhalb des Unterrichts.“ Obwohl die Deutschpflicht in der Schule nicht durchsetzbar ist, möchte der Rektor den Einfluss der Schule auf die Freizeit der SchülerInnen ausweiten. Im Herbst hat die Schulleitung einen Brief geschrieben, in dem steht, welche Unterstützung sie sich von den Eltern wünscht. „Darin steht auch, dass zu Hause mehr Deutsch gesprochen werden soll“, sagt Tannert. Seine Schüler sähen ein, wie wichtig es sei, Deutsch zu üben. Der Ausländeranteil der Schule liegt bei 86 Prozent.

„Wenn die SchülerInnen alle so reflektiert und einsichtig sind, warum brauchen sie dann eine Vorschrift zum Deutschsprechen, anstatt freiwillig zu üben?“, fragt sich Eren Ünsal, Sprecherin des türkischen Bundes Berlin-Brandenburg. Ihrer Meinung nach sollte Deutsch im Unterricht gelernt werden, Vorschriften, die in die Freizeit eingreifen, hält sie für falsch: „Im Arbeitsleben werden interkulturelle Fähigkeiten wie Mehrsprachigkeit gewünscht. Da können die Sprachen in der Schule nicht unterschiedlich bewertet werden.“ Unterstützung erhält die Erziehungswissenschaftlerin durch Grünen-Chefin Claudia Roth. Sie findet, dass sich Integration nicht mit Pausenregeln erzwingen lässt: „Schülerinnen und Schüler lernen auch voneinander, wenn sie sich in den Pausen auch in anderen Sprachen verständigen, wir wollen bilinguale Kinder.“ Auch Ünsal findet, man solle lieber die Vielfalt anerkennen. „Das soll schon im Kindergarten stattfinden.“