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Archiv-Artikel

Türkische Medien erobern Rhein und Ruhr

Zunehmend bieten türkischsprachige Medien ihren LeserInnen Informationen aus NRW – meistens auf Türkisch, aber auch auf Deutsch. Kleine Verlage und Sender haben es dennoch schwer, sich hier zu etablieren

Nordrhein-Westfalen ist wegen der hohen Zahl an türkischen EinwanderInnen Hauptsitz vieler türkischer Medien in Deutschland. Während in den Anfängen die Inhalte sehr an der Türkei orientiert waren und die Chefredakteure aus dem Heimatland geholt wurden, richtet sich die türkische Medienlandschaft seit einigen Jahren inhaltlich neu aus: Themen aus Deutschland und aus NRW werden dominanter, vermehrt publizieren türkischstämmige JournalistInnen in deutscher Sprache. „Es gibt einen zunehmenden Konflikt zwischen der ersten und den folgenden Generationen der Einwanderer“, sagt Jörg Becker, Professor für Kommunikation aus Solingen.

Tageszeitungen

Hürriyet ist die am meisten gelesene türkische Tageszeitung unter den Deutschtürken. Sie hat bundesweit eine Auflage von 40.000, um ein Vielfaches mehr wird sie gelesen. Seit 1990 liefert die Deutschlandausgabe den türkischstämmigen LeserInnen in NRW (zusammen mit den norddeutschen Bundesländern) jeden Freitag Berichte aus ihrer Region – auf türkisch. Die linke Zeitung Evrensel mit Sitz in Köln bringt am Wochenende eine deutschsprachige Seite heraus – meistens mit Geschichten aus NRW. „Wir wollen im nächsten Jahr auf zwei oder drei Seiten erweitern“, sagt Chefredakteur Serdar Derventli. Doch das scheint nicht so einfach: Denn türkischstämmige JournalistInnen mit perfekten Deutschkenntnissen werden von deutschen Zeitungen stark umworben.

Zeitschriften

Einen Boom gibt es Ende der 1990er Jahre auf dem Zeitschriftenmarkt. Viele Blätter, oftmals Lifestyle-Magazine, die sich an türkischstämmige Migranten richten, sind aber wieder verschwunden. Wie die Zeitschrift Türkis aus Essen, die Ende der 90er Jahre herauskam. Das deutschsprachige Kulturmagazin detay aus Mülheim kam 2003 auf den Markt und wurde vor fünf Monaten auf Eis gelegt. An LeserInnen habe es nicht gemangelt, sagt Ex-Chefredakteur Bülent Firat. 1.600 Abonnenten hätte er gehabt, die meisten davon aus NRW. „Kleine Verlage haben keine Chance“, sagt er.

Radio

Mit Köln Radyosu bot der WDR 1964 das erste türkischsprachige Radioprogramm in NRW. Heute sind die türkischen Nachrichten fester Bestandteil des Multikulti-Senders Funkhaus Europa. Dort können TürkInnen morgens eine volle und abends ein halbe Stunde Neuigkeiten aus NRW und der Welt in ihrer Heimatsprache hören. Seit ein paar Jahren sind die hier aufgewachsenen Jugendlichen stärker im Fokus: Für sie gibt es Sendungen wie Cilgin und Cafe Alaturka, in denen deutsch und türkisch gesprochen wird. Private türkische Radiosender zu etablieren, ist viel schwieriger: „Der WDR verhindert solche Bestrebungen mit seiner Frequenzmauschelei“, kritisiert Kommunikationsforscher Jörg Becker. Er will von seinem Institut aus im kommenden Jahr den ersten bundesweiten türkischen Journalistentag in Köln organisieren. „Die türkischen Verleger sind es leid, dass sich die deutsche Medienpolitik nicht für sie interessiert“, so Becker.

Fernsehen

In Köln gibt es seit seit zwei Jahren den Sender Dügün („Hochzeit“)-TV und seit kurzem sendet aus Duisburg der Kanal Avrupa (Europa). Die einzige Fernseh-Sendung des WDR, die sich mit dem Alltag der Türken in NRW beschäftigt, ist Cosmo TV. Das deutsche Magazin richtet sich aber auch an MigrantInnen anderer Herkunft.

NATALIE WIESMANN