: Berliner Deal mit einem Diktator
Bundeswehr darf Stützpunkt in Usbekistan behalten. Bundesregierung kündigt Dialog mit Taschkent an. Kritik wegen des Massakers in Andischan – Fehlanzeige
BISCHKEK taz ■ Ein zentralasiatischer Diktator macht Berlin ein frühes Weihnachtsgeschenk. Die Bundeswehr darf ihren Stützpunkt im südusbekischen Termes behalten, obwohl Taschkent ein Überflugverbot für Nato-Flugzeuge ab 1. Januar 2006 verhängt hatte. Der Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Friedbert Pflüger, nannte die Vereinbarung „einen großen Erfolg“. Der CDU-Politiker hatte am Wochenende bei dem Bittgang nach Taschkent auch Präsident Islam Karimow getroffen.
Im Gegenzug versprach Pflüger dem Staatschef, dessen Sicherheitskräfte am 13. Mai in der usbekischen Stadt Andischan einen Volksaufstand niedergeschossen hatten, den „Dialog in Bezug auf internationale Terrorismusbekämpfung, Wirtschaftsbeziehungen sowie Demokratisierung und Rechtsstaatlichkeit zu beleben“. Pflüger versicherte, man werde die Sichtweise Karimows zu Andischan in der EU „fair“ berücksichtigen.
Von dem Luftumschlagplatz in Termes koordiniert die Bundeswehr die Isaf-Mission in Afghanistan. „Es gibt Alternativen zu Termes“, sagt ein Sprecher des Verteidigungsministeriums, doch sei dieser Standort aus militärischer Sicht der geeignetste.
Nach dem Massaker von Andischan, bei dem nach Schätzungen von Human Rights Watch mindestens 500 Menschen starben, hatte sich die Beziehung zwischen dem zentralasiatischen Staat und dem Westen abgekühlt. Die USA und die EU forderten die Einsetzung einer internationalen Untersuchungskommission, die der usbekische Präsident ablehnt. Stattdessen flüchtete sich Karimow in die Arme Russland und Chinas, die die Ermordung der eigenen Bevölkerung als legitimes Mittel im Antiterrorkampf ansehen.
Da Washington die Bluttat kritisierte, mussten die USA ihre Militärbasis Chanabad in Usbekistan räumen. Usbekistan unterzeichnete mit Moskau im November einen Freundschaftsvertrag. Im Falle einer Destabilisierung kann Russland Truppen in das Land schicken. Die Bundesregierung hielt sich mit Kritik zurück und blieb in Kontakt mit Taschkent. Bis zum Schluss hintertrieben Diplomaten der rot-grünen Bundesregierung den Sanktionsbeschluss der EU gegen Usbekistan vom Oktober.
Trotz der Verkündigung des Visaverbots für hochrangige usbekische Regierungsmitglieder erhielt der usbekische Innenminister Sakir Almatow zum Besuch einer Klinik in Hannover eine Einreisegenehmigung. Die deutsche Botschaft in Taschkent vergab weiter „Militärhilfe“ an das usbekische Verteidigungsministerium. Der Chef des Ostausschusses der Deutschen Wirtschaft, Klaus Mangold, suchte ebenfalls die Nähe zu Karimow. „In Situationen politischer Spannungen können gute Wirtschaftskontakte Gesprächskanäle offen halten und Brücken bauen“, versprach er Karimow im November. MARCUS BENSMANN
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