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Archiv-Artikel

Kann Neonazi-Blockade strafbar sein?

Rechtsradikale zeigen Politiker an, die ihren geplanten Aufmarsch im brandenburgischen Halbe mitverhindert haben

BERLIN taz ■ Es war ein Erfolg der Demokraten. Rund 2.000 Menschen verhinderten Anfang November im brandenburgischen Halbe einem Aufmarsch von Neonazis. Die Gegendemonstranten blockierten den Weg zum größten deutschen Soldatenfriedhof und verhinderten so, dass 1.600 Rechtsradikale dort mit einer Gedenkfeier die NS-Wehrmacht verherrlichten. Doch nun wollen die Neonazis sich mithilfe des Rechtsstaats dafür rächen, dass sie unverrichteter Dinge wieder abziehen mussten.

Im Internet ruft der rechtsradikale „Freundeskreis Halbe“ dazu auf, gegen Landespolitiker Anzeige zu erstatten, die an der Gegendemo teilgenommen haben. Ein vorformulierter Anzeigentext steht auf der Homepage zum Ausdruck bereit.

Die Rechten werfen den Politikern von SPD und Linkspartei vor, eine gerichtlich genehmigte Versammlung mit ihrer Blockade verhindert zu haben. Auf der Liste der Neonazis stehen unter anderem: die Linkspartei-Landtagsabgeordnete Karin Weber, der Potsdamer Oberbürgermeister Jann Jakobs (SPD), Brandenburgs Umweltminister Dietmar Woidke (SPD) und der SPD-Fraktionsvorsitzende im Brandenburger Landtag, Günter Baaske.

Das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg hatte den Nazi-Aufmarsch im Vorfeld genehmigt. Vor Ort hatte sich die Polizei aber dagegen entschieden, den Rechten den Weg frei zu räumen. „Eine Räumung der friedlichen Blockade wäre unverhältnismäßig gewesen“, sagte ein Polizei-Sprecher dazu.

Die Potsdamer Staatsanwaltschaft bestätigte nun, dass zahlreiche Strafanzeigen wegen der Blockade in Halbe eingegangen seien. Man prüfe, ob ein Anfangsverdacht vorliege. Dazu sollen zunächst Bilddokumente ausgewertet werden. Die Störung einer genehmigten Demo könne wegen Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz und wegen Nötigung strafbar sein, teilte die Staatsanwaltschaft mit.

Die Politiker verteidigen aber ihre Teilnahme an der Gegendemo. „Ich habe nicht das Gefühl, unrecht gehandelt zu haben“, sagte Karin Weber der taz. „Offenbar haben wir den Neonazis in Halbe einen schweren Dämpfer verpasst, so dass sie jetzt diesen Weg gehen.“

Auch Günter Baaske sieht einer drohenden Verhandlung gelassen entgegen. „Ich habe mich an einer genehmigten Spontandemonstration beteiligt“, sagte Baaske. „Die Bürgergesellschaft muss sich gegen die braunen Umtriebe wehren.“ Dass sie sich wehren könne, habe gerade auch der Erfolg in Halbe gezeigt. Deshalb will Baaske sich auch am heutigen Samstag wieder den Rechten in den Weg stellen. In Senftenberg nimmt er an einem Aktionstag von Demokraten teil, mit dem ein weiterer Aufmarsch von Rechtsradikalen gestoppt werden soll. JAN PFAFF