: Fahrverbot bei Staubalarm
Die Düsseldorfer Bezirksregierung sperrt die landesweit erste Autobahnauffahrt in Essen. So soll der Feinstaub verringert werden. „Eine übereilte Aktion“, sagen Verkehrswissenschaftler
von ANNIKA JOERES
Die landesweit erste Autobahnsperrung gegen Feinstaub in Essen stößt auf Kritik: Verkehrsexperten fordern ein großflächiges Konzept für den Schwerlastverkehr. „Bei Smog-Alarm wird auch die ganze Stadt gesperrt“, sagt der Duisburger Forscher Michael Schreckenberg. Er befürchtet, dass in den umliegenden Städten die Werte des gesundheitsschädlichen Staubs steigen könnten. „Verkehr ist ein so komplexes System, da kann eine einzelne Maßnahme weitreichende Folgen haben.“
Seit gestern können AutofahrerInnen die Auffahrt Essen Frillendorf zur Autobahn 40 nicht mehr nutzen. Sie wird in den kommenden drei Monaten werktags in Fahrtrichtung Duisburg zwischen 7.30 Uhr und 9.30 Uhr gesperrt sein. Die Sperrung ist Teil eines Aktionsplanes der Düsseldorfer Bezirksregierung gegen zu hohe Feinstaubwerte. Fast alle größeren Städte in NRW verfolgen solche Pläne seit dem Frühjahr diesen Jahres. Sie sollen verhindern, dass die Grenzwerte der EU für die gesundheitsschädlichen kleinen Partikel weiterhin überschritten werden. Bisher war in Frillendorf an 38 Tagen im Jahr die Luft zu sehr belastet, erlaubt sind lediglich 35.
Auch die Stadt Essen kann die Folgen der Sperrung nicht abschätzen. „Wir wissen es einfach nicht“, sagt Essens Sprecher Stefan Schulze. Jetzt sei die Stadt erst einmal froh, dass es am ersten Tag keine Komplikationen gegeben habe. Von einem LKW-Verkehrskonzept für das ganze Revier hält er nichts. „Wo sollen die denn herfahren? Wir haben keinen Platz.“
Für die Bezirksregierung ist die Essener Aktion auch „kein großer Wurf“, so Peter Schönershofen, Leiter des Verkehrsdezernats. Die alltäglichen Staus mitten im Zentrum der Revierstadt müssten aber unbedingt aufgelöst werden. „Hier wohnt die Bevölkerung nur 20 Meter von der Autobahn entfernt“, sagt Schönershofen. Für andere Städte käme eine Sperrung nicht in Frage. „Niemand wohnt so nah an den PKW-Massen wie die Essener“, so Schönershofen. Auch die Kölner Bezirksregierung denkt nicht über Sperrungen nach. „So etwas wird es im Rheinland nicht geben“, sagt Sprecher Dirk Schneemann. Denn dort seien die Straßen nicht so dicht und so voll wie im Ruhrgebiet.
Für Verkehrswissenschaftler Schreckenberg von der Uni Duisburg-Essen ist die Sperrung im Ruhrgebiet eine übereilte Aktion. „Der Verkehr verschwindet nicht, er wird nur verlagert.“ Es könne nur ein paar Tage dauern, dann bretterten die Lastwagen über kleine Straßen. „Lokale Maßnahmen erzielen regionale Wirkungen“, so der Physiker.
Schreckenberg hat schon im vergangenen September erforscht, wie sich die Sperrung der benachbarten Bundesstraße 224 in Essen auswirkt. Sein Fazit: Der Verkehr verlagert sich in die Nachbarschaft, oft ist die Belastung dadurch sogar höher als in Zeiten ohne Fahrverbot. „Wir brauchen ein großflächiges Konzept“, sagt Schreckenberg. Das gesamte Ruhrgebiet müsse eine Verkehrslenkung für LKW entwerfen. „Die muss aber so gut sein, dass alle Brummifahrer sie auch nutzen wollen.“