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Nebeneinkünfte wieder ganz geheim

Bundestagspräsident Norbert Lammert findet die gerade beschlossenen Verhaltensregeln für Abgeordnete plötzlich zu streng. Transparency International und die Oppositionsparteien üben scharfe Kritik am großkoalitionären Rückzug in die Heimlichkeit

AUS BERLIN JAN PFAFF

Im Juni waren sich die Parlamentarier noch einig. Nach den Affären um dubiose Nebeneinkünfte beschloss der Bundestag, dass Abgeordnete demnächst sämtliche Zusatzverdienste offen legen müssen. Über den Bundesrat stimmte auch die CDU zu. Doch jetzt will der neue Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU), der dem Parlament freilich schon vor der Sommerpause angehörte, alles nicht so gemeint haben.

Nach Informationen der Anti-Korruptionsorganisation Tansparency International will Lammert einen Brief an die Fraktionen schreiben, in dem er für Änderungen wirbt. „Wir befürchten, dass jetzt die Regeln wieder völlig verwässert werden“, sagt Transparency-Vorsitzender Hansjörg Elshorst. „Die Bürger haben aber das Recht zu wissen, wer von wem Geld bekommt.“

Für Abgeordnete, die neben ihrem Mandat noch ihren Beruf weiterführen, solle nach Lammerts Plänen die Pflicht zur Offenlegung auf einmal nicht mehr gelten, so Transparency International. Anwälte, Berater und andere Freiberufler könnten sonst in Konflikte mit den Interessen ihrer Mandanten geraten, argumentiert Lammert in dem Schreiben laut Transparency International.

Scharfe Kritik kommt von der Opposition. „Der Mandantenschutz bei Anwälten ist ein vorgeschobenes Argument“, sagt der Grüne Hans-Christian Ströbele. Dafür lasse sich leicht eine Regelung finden, wenn die Union nur wolle. „Die neuen Regeln sind sowieso schon ein Kompromiss auf niedrigem Niveau.“

Die Grünen hatten ursprünglich eine detaillierte Auflistung der Einkünfte gefordert. Nun müssen Abgeordnete ihre Zusatzverdienste lediglich einer von drei Einkommensstufen zuordnen. „Die Nebeneinkünfte jetzt wieder zu tabuisieren würde aber die Glaubwürdigkeit der Politik völlig zerstören“, sagt Ströbele.

Auch die Linksfraktion kritisiert Lammerts Vorschlag. „Ich halte die neuen Regeln eher für zu lax“, sagt der parlamentarischer Geschäftsführer Ulrich Maurer. „Es scheint, als ob mit der neuen Diskussion vielmehr die Umsetzung auf ewig verschoben werden soll.“

Den Abgeordneten war es bereits bisher verboten, ein Gehalt von ihrem früheren Arbeitgeber zu beziehen, ohne dafür eine Leistung zu erbringen. Aber erst nach der Verschärfung sind bei Verstößen nun auch Sanktionen vorgesehen. So kann das Bundestagspräsidium für Sünder eine Geldstrafe verhängen – bis zur Hälfte eines jährlichen Abgeordnetengehalts, also ungefähr 40.000 Euro.

Laut einer Studie der Universität Jena haben in der letzten Legislaturperiode rund ein Fünftel der Abgeordneten eine Nebentätigkeit angegeben. Aufsehen erregte dabei die FDP-Politikerin Ulrike Flach, die von Siemens jährlich 60.000 Euro für „Übersetzungsaufgaben“ überwiesen bekam.

Erst vor zwei Wochen hat ein niedersächsischen Gericht zwei SPD-Landtagsabgeordnete dazu verurteilt, mehr als 750.000 Euro zurückzuzahlen. Sie hatten das Geld vom Autokonzern VW kassiert, ohne dafür zu arbeiten.

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