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Archiv-Artikel

Schmutzige Autos sollen teurer werden

Neue Kfz-Steuer: Laut Koalitionsvertrag soll der CO2-Ausstoß von Autos sinken. Der ADAC ist begeistert. Die Autokonzerne sehen offiziell kein Problem. Doch Umweltexperten zeigen sich skeptisch, dass die Schadstoffreduzierung tatsächlich gelingt

AUS BERLIN ULRIKE HERRMANN

Die Kfz-Steuer wird sich verändern – so steht es im Koalitionsvertrag. Künftig soll sie am „CO2- und Schadstoffausstoß orientiert“ sein. Nun interessiert natürlich jeden Autofahrer: Welchen Steuernachlass gibt es wann für was?

Doch so konkret wird der Koalitionsvertrag insgesamt nicht. Das hat auch der ADAC festgestellt. Jürgen Albrecht, Referent für Verkehrspolitik, „kann sich nur wundern, wie wenig auf 192 Seiten faktisch steht“. Trotzdem habe man sich „gefreut“, dass der Koalitionsvertrag eine CO2-orientierte Kfz-Steuer zumindest erwähnt. „Die Autoindustrie muss mehr bieten“, fordert Albrecht. „Es fehlen vor allem Modelle, die bezahlbar sind und dennoch wenig Sprit brauchen.“

Diesen Bedarf sehen auch die Koalitionspartner. In ihrem Vertrag erinnern sie an die „Selbstverpflichtung“ des europäischen Automobilverbands ACEA, bis 2008 bei Neufahrzeugen zu einer durchschnittlichen Emission von höchstens 140 Gramm CO2 zu kommen.

Ob sich dieses Versprechen noch einhalten lässt, ist allerdings heftig umstritten. So kann der Verband der Automobilindustrie (VDA) überhaupt kein Problem erkennen. „Wir sind auf gutem Wege“, versichert Sprecher Eckehart Rotter. Man liege momentan „sogar unter dem Zielkorridor“ der EU. 2004 hätten die europäischen Neuwagen durchschnittlich 165 bis 168 Gramm CO2 pro Kilometer ausstoßen dürfen – „tatsächlich waren es nur 161 Gramm“.

Die Deutsche Umwelthilfe ist dagegen pessimistischer. „Jeder weiß, dass die Autoindustrie das Ziel von 140 Gramm nicht mehr erreichen wird“, sagt Geschäftsführer Jürgen Resch. „Vor allem Dieselfahrzeuge verbrauchen von Jahr zu Jahr mehr.“ Auf der letzten Frankfurter Automobilmesse IAA „lagen praktisch alle deutschen Neufahrzeuge über der Selbstverpflichtung“.

Zum gleichen Ergebnis kommt auch der Sachverständigenrat für Umweltfragen, der im Juli ein Sondergutachten für die Bundesregierung erstellt hat. „Wir sind sehr skeptisch“, erklärt Mitarbeiter Helge Jörgens. Ein zentrales Problem der Selbstverpflichtung sei: „Die Verbände haben keine Sanktionsmöglichkeiten gegenüber den Mitgliedsfirmen.“

Die Automobilindustrie hat daher während der Koalitionsverhandlungen gezielte Lobbyarbeit betrieben, wie beteiligte Umweltpolitiker berichten. Die Konzerne wollten erreichen, dass sie die Zielmarke von 140 Gramm CO2 pro Kilometer mit einem Trick erfüllen können: Die Emissionen von Bio-Sprit sollten nicht mitzählen.

Damit sind die Autohersteller nicht durchgekommen – jedenfalls nicht bis 2008. „Es war entscheidend, dass wir an dem Ziel von 140 Gramm festhalten konnten“, freut sich SPD-Umweltexpertin Astrid Klug. Für die Zeit danach zeigen sich Union und SPD allerdings nachgiebiger. Bis 2012 streben sie eine „weiter gehende Absenkung auf 120 Gramm CO2 pro Kilometer“ an – dann aber darf ein „bestimmter Prozentsatz“ von Biokraftstoffen eingerechnet werden.

Aber das ist noch weit hin. Zunächst stellt sich die Frage, was 2008 passieren soll, wenn die Autokonzerne die Selbstverpflichtung von 140 Gramm verfehlen. Dazu ist dem Koalitionsvertrag nichts zu entnehmen. „Man kann nur generelle Leitlinien formulieren“, erklärt SPD-Energieexperte Hermann Scheer. „Ein Koalitionsvertrag ersetzt doch nicht das Gesetzgebungsverfahren.“

Vorschläge hatte der Sachverständigenrat bereits im Juli an die Bundesregierung übermittelt. Mitarbeiter Jörgens: „Es müsste auch einen Emissionshandel für Autos geben.“