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Archiv-Artikel

Israels Hauptfeind ist der Iran

Nach dem Aufruf von Präsident Ahmadinedschad zur Zerstörung des jüdischen Staates fordert Vizepremier Peres den Ausschluss der Islamischen Republik aus der UNO

JERUSALEM taz ■ Antisemitismus und antiisraelische Hetzparolen auf Persisch sind nichts Neues. Vor dem Hintergrund des Streits um das iranische Atomprogramm allerdings ist es eine Frage der Zeit, wie lange die israelische Regierung der wachsenden Bedrohung noch tatenlos zusehen wird. Spätestens seit dem Sturz des irakischen Präsidenten Saddam Hussein gilt der Iran als gefährlichster Feind.

Noch halten sich Politiker offiziell an diplomatische Mittel. Vizepremierminister Schimon Peres forderte den Ausschluss Irans aus den Vereinten Nationen, nachdem der persische Präsident Mahmud Ahmadinedschad am Mittwoch dazu aufgerufen hatte, Israel von der Landkarte verschwinden zu lassen.

Ein Ausschluss des Iran aus der UNO sei logisch, begründete Peres, da die Äußerungen Ahmadinedschads „gegen die UN-Charta verstoßen und einem Verbrechen gegen die Menschheit gleichkommen“. Der israelische Vizepremier empfindet es als „untragbar“, dass ein „Staatsoberhaupt solch verrückte Erklärungen abgibt“. Israel werde, so Peres, die Kampagne gegen das Atomprogramm intensivieren.

Über einen präventiven Militärschlag, wie ihn Israel 1981 auf den irakischen Osirak-Atomreaktor durchführte und damit das komplette Forschungsprogramm auf Jahrzehnte ausschaltete, will in Jerusalem niemand laut debattieren. Im Gegenteil: Noch im Sommer erklärte Juval Steinitz (Likud), Chef des parlamentarischen Außen- und Verteidigungsausschusses, dass „Israel die Welt diesmal nicht retten wird“. Die iranische Bedrohung sei ein globales Problem und müsse entsprechend angegangen werden.

Steinitz schwächte damals Spekulationen ab, Israel könne in Kooperation mit den USA einen Angriff planen, vor allem nachdem die Lieferung von 100 so genannten Bunkerbrecherbomben aus US-amerikanischen Rüstungslagern bekannt geworden war. Der US-Kongress begründete den Waffenhandel damit, dass Israel seinen militärischen Qualitätsvorsprung in der Region aufrechterhalten müsse. Offiziell wurde der Handel indes bislang nicht bestätigt.

Efraim Kam, stellvertretender Direktor des Jaffe-Zentrums für Strategische Studien an der Universität Tel Aviv, vertritt die Meinung, dass ein Angriff die „letzte Option sein muss“. Eine Operation im Iran sei nicht vergleichbar mit dem Angriff auf die irakische Atomanlage vor 24 Jahren, sondern strategisch wie politisch „für Israel eine Nummer zu groß“. Wenn, dann könne ein Angriff nur mit Hilfe anderer Nationen ausgeübt werden. Dafür sei es noch zu früh. Die öffentlichen antiisraelischen Stellungnahmen des iranischen Präsidenten gäben „Israel neue Möglichkeiten, auf diplomatischem Weg zu operieren“, zeigt sich Kam zuversichtlich angesichts der internationalen „Protestwelle“ gegen Ahmadinedschad.

Bedrohlich für Israel sind nicht nur die Hetze und das Atomprogramm, sondern ist Irans Unterstützung des palästinensischen Terrors. „In den vergangenen drei Jahren haben die finanzielle Hilfe aus Teheran und Rüstungslieferungen vor allem an den Islamischen Dschihad dramatisch zugenommen“, sagt Kam. In kleinerem Umfang komme auch die Hamas und andere Organisationen in den Genuss iranischer Unterstützung. Terroristen würden zum Teil in Trainingslagern im Iran oder im Libanon – dort in Kooperation mit der Hisbollah – für den antiisraelischen Kampf ausgebildet. Kam spricht von finanzieller Unterstützung von „einigen Millionen Dollar pro Jahr“.

SUSANNE KNAUL

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