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Archiv-Artikel

Neue Kriege – ganz alt

Jahresbericht des Internationalen Instituts für Strategische Studien kritisiert US-Militärstrategie

Von D.J.

LONDON rtr/taz ■ Der anhaltende Konflikt im Irak zwingt die westlichen Militärapparate zum Überdenken ihrer neuen Sicherheitsdoktrinen. Dies erklärte das renommierte Londoner Internationale Institut für Strategische Studien gestern bei der Vorstellung seines Jahresberichts über das militärische Gleichgewicht auf der Welt. „Irak, Afghanistan und Tschetschenien zeigen die Grenzen moderner konventioneller Streitkräfte in komplexen Umgebungen auf, die von ihnen mehr abverlangen als traditionelle Kriegsführung“, schreibt der Herausgeber des Berichts, Christopher Langton, in seinem Vorwort. „Das Konfliktumfeld des frühen 21. Jahrhundert stellt sicherlich eine neue Ära in der Kriegsführung dar – aber nicht die Ära, die westliche Militärplaner erwarteten“, führt der Bericht aus.

Militärstrategen hätten in den letzten Jahren auf überlegene Technologie gesetzt, um Kriege gegen konventionelle Gegner mit minimalem Risiko für die eigenen Truppen zu gewinnen, heißt es in dem Bericht. „Zeit und Geld wurden in elektronische Überwachung, präzise Zielführung und Kommunikationsnetzwerke investiert, mit Priorität für see- und luftgestützte Plattformen“, erklärte IISS-Direktor John Chipman. Doch „seitdem haben Feinde der USA und ihrer Alliierten auf dem modernen Schlachtfeld unkonventionelle Lösungen gesucht, um die überragende Dominanz des amerikanischen Militärs zu überwinden“. Diese „asymmetrische Kriegsführung“, in der die modernen Waffentechnologien „nicht unbedingt in der ursprünglich vorgesehenen Weise“ zum Tragen kommen, erzwinge ein Umdenken. „Dieser evolutionäre Prozess dürfte Streitkräften leichter fallen, die an irreguläre Kriege niederer Intensität besser gewöhnt sind, wie die australischen und britischen Armeen und das US-Marinekorps, als für die konventionelle US-Armee“, so Chipman in seiner gestrigen Presseerklärung weiter.

Im Irak dürften „Rechtlosigkeit und sektiererische Gewalt zunehmen“, so der IISS-Bericht. „Das bedeutet, dass politische Verhandlungen der bestmögliche Weg sind, um den Aufstand einzudämmen und im Laufe der Zeit zu beenden.“ Ob dies gelinge, hinge vom Einfluss der US-Diplomatie auf Iraks neue Regierung ab.

Ansonsten sei Irans „vermutetes Atomwaffenprogramm“ die größte Sorge, was die Proliferation von Massenvernichtungswaffen anginge. „Es wäre wünschenswert, wenn die Staaten der Region darüber ihre Sorgen offener äußern würden“, hofft das Institut. D.J.