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Archiv-Artikel

Regierung vom Winde verweht

Umweltschützer und Gewerkschafter kündigen heftige Proteste gegen die Energiepolitik der schwarz-gelben Landesregierung an: Neuer Windkrafterlass „ideologische Luftnummer mit fatalen Folgen“

AUS DÜSSELDORFANDREAS WYPUTTA

Nordrhein-Westfalens schwarz-gelber Landesregierung droht ein Debakel in der Energiepolitik. Einmütig laufen Umweltschützer, Gewerkschaften und Unternehmensverbände Sturm gegen einen neuen Windkrafterlass, den CDU-Bauminister Oliver Wittke verantwortet.

Eine „ideologische Luftnummer mit fatalen Folgen“ sei der Erlass, kritisiert nicht nur Klaus Brunsmeier, der Vorsitzende des NRW-Landesverbands des Bunds für Umwelt und Naturschutz (BUND). Massive Kritik kommt auch vom Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB): „Mehr als merkwürdig“ sei, dass „eine Regierungsentscheidung mit direkten Konsequenzen für Arbeitsplätze an den Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern vorbei getroffen“ werde, sagt der DGB-Landesvorsitzende Walter Haas – zu der heutigen Anhörung des Erlasses, der vom Kabinett bereits durchgewunken wurde, sind die Gewerkschaften erst gar nicht eingeladen. Auch der BUND will die Veranstaltung boykottieren.

Der Erlass des Bauministers sieht für Windkraftanlagen so genannte „Tabuzonen“ etwa in Waldbereichen vor. Auch in besonders windträchtigen Höhenlagen soll kein Platz mehr für Windräder sein – die Landesregierung sorgt sich um das Landschaftsbild: Schon im Landtagswahlkampf hatten CDU und FDP die emissionslose Energiequelle als „Verspargelung der Landschaft“ verteufelt. Bauminister Wittke selbst hatte schon vor Wochen angekündigt, die Windkraft sei „das Erste“, was die neue Landesregierung „kaputtmachen“ werde.

Kritik kommt auch vom Bundesverband Windenergie. Wittkes Erlass sei das „falsche Signal für NRW“, so Präsident Peter Ahmels. Die Landesregierung gefährde tausende Arbeitsplätze, glaubt Egbert Terholsen vom Windrad-Hersteller Enercon – derzeit schaffe die Branche allein in NRW etwa 10.000 Jobs. „Die Behauptung der CDU-Landeswirtschaftsministerin Christa Thoben, nordrhein-westfälische Windkraftanlagen arbeiteten nicht wirtschaftlich, ist schlichtweg falsch“, sagt Terholsen. Auch Andreas Wendland, Konzernbetriebsrat beim Bocholter Maschinenbauer Flender, sorgt sich um mögliche Arbeitsplatzverluste: „Technologien, die ich kaputt rede, werde ich nicht ins Ausland verkaufen können. Solch eine Landespolitik entzieht unseren Arbeitsplätzen jede Grundlage.“

Wirtschaftsministerin Thoben glaubt dagegen nicht an mögliche Arbeitsplatzverluste. „Eine derart leistungsfähige Branche, die 60 Prozent ihrer Umsätze im Exportgeschäft erzielt, wird ihre Chancen nutzen können“, sagt Thobens Sprecher Joachim Neuser. Immerhin versichert Neuser, die Ministerin sei aber „anderen alternativen Energien wie beispielsweise Erdwärme gegenüber sehr aufgeschlossen“. Bauminister Wittke ging dagegen gestern auf Tauchstation und wollte sich inhaltlich nicht äußern – und wird für BUND-Chef Brunsmeier so zur Chefsache: „Ministerpräsident Rüttgers muss seinen Bauminister wieder einfangen.“