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Archiv-Artikel

Mehr Sturmfluten an der Nordsee

Neue Untersuchungen des Max-Planck-Instituts für Meteorologie: Meeresspiegel steigt bis 2100 um 30 Zentimeter. Deutsche Sommer werden heißer, Winter regnerischer

HAMBURG ap ■ Das Klima wird sich nach neuesten Erkenntnissen in den nächsten 100 Jahren schneller ändern als bislang vermutet. Nach der jüngsten Studie des Hamburger Max-Planck-Instituts für Meteorologie wird es im Schnitt bis zu vier Grad wärmer, der Meeresspiegel steigt um 30 Zentimeter, Deutschland bekommt heiß-trockene Sommer und regnerische Winter, der Mittelmeerraum wird von Dürren heimgesucht, Wüsten breiten sich in Australien und Afrika aus.

„Unsere neuen Ergebnisse sind robuster als bisher. Wir sind von der Zuverlässigkeit überzeugt“, erklärte gestern Institutsdirektor Jochem Marotzke. Die Wissenschaftler erwarten unter bestimmten Bedingungen sogar, dass das Eis der Nordpolregion im Sommer völlig schmilzt. Dort sei ein Anstieg von bis zu zehn Grad möglich. Die Auswirkungen des Klimawandels werden sich nach Einschätzung der Forscher nicht gleichmäßig über die Erde verteilen, sondern einige Kontinente mehr, andere, wie etwa die Antarktis, weniger treffen.

Das Hamburger Institut stützt sich in seiner Vorhersage auf neueste Modellrechnungen des Deutschen Klimarechenzentrums. Darin sind auch jüngste Erkenntnisse über Nebel und Staub in der Luft eingeflossen, sowie über den Kohlenstoffkreislauf. Marotzke: „Im Vergleich zu früheren Klimamodellen sind viele neue Erkenntnisse berücksichtigt worden.“ Fünfzig Forscher arbeiteten mehrere Jahre an der Studie, die ein Beitrag für den internationalen IPCC-Report ist. In diesem Report werden seit 1988 in regelmäßigen Abständen die wichtigsten Forschungsergebnisse zum Klimawandel gebündelt und Politikern als Grundlage von Entscheidungen zur Verfügung gestellt.

Der Klimawandel wird für die Einwohner vieler Regionen gefährlich: „Wettersituationen, in denen extremes Hochwasser auftreten kann, nehmen zu“, sagte Studienleiter Erich Roeckner. Für Deutschland erwartet er mehr anhaltende Wolkenbrüche, die dann die Flüsse über die Ufer treten lassen könnten. Außerdem soll es im Winter mehr Westwindlagen geben. Das begünstigt Sturmfluten an der Nordsee. Der Pegel der Nordsee soll bis 2100 um 43 Zentimetern steigen. „Eine Hitzewelle wie im Jahr 2003 wird in 50 Jahren der Normalfall sein“, sagte Roeckner.

Grund des Klimawandels ist nach Überzeugung der Wissenschaftler der Mensch, der durch die Verbrennung von Holz, Kohle, Öl und anderen Energieträgern das Gas Kohlendioxid (CO2) in die Luft ausstößt. Dieses Gas führt zur Erwärmung der Atmosphäre. Seit 1850 ist die Durchschnittstemperatur laut Institut aus diesem Grund bereits um 0,7 Grad gestiegen.

Klimaforscher Roeckner forderte die Einschränkung des CO2-Ausstoßes etwa durch den Umstieg auf alternative Energien. Außerdem müssten die Länder sich auf die Wetteränderung vorbereiten, etwa mit höheren Deichen. CLAUS-PETER TIEMANN