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Archiv-Artikel

„Dieser Anstieg ist rational nicht zu erklären“

Trotz des Wirbelsturms in den USA gibt es keinen Versorgungsausfall, sagt die Sprecherin der Mineralölwirtschaft

taz: Frau Meyer-Bukow, wie stark wird der Benzinpreis in den nächsten Monaten noch anziehen?

Barbara Meyer-Bukow: Alle Experten gehen davon aus, dass die Preise in den nächsten Monaten wieder sinken. Nach den Prognosen wird der Rohölpreis im nächsten Jahr deutlich unter dem jetzigen Stand sein.

Wie beeinflussen sich denn Öl- und Benzinpreis?

Sicherlich hat der Rohstoff eine Auswirkung auf den Preis des fertigen Produktes. Der wichtigere Faktor ist aber die Nachfrage. Steigt auf dem Weltmarkt die Nachfrage nach Benzin, dann wird es auch an der deutschen Tankstelle teurer.

Aber jetzt begründen die Mineralölfirmen den Preisanstieg mit dem Wirbelsturm „Katrina“ in den USA. Zu Recht?

Der Wirbelsturm hat die Preise für Rohöl und für Benzin an den Ölbörsen nach oben getrieben. Dieser Preisanstieg ist rational nicht zu erklären. Der Wirbelsturm hat zwar die Ölförderung und -verarbeitung beeinträchtigt, es gibt aber keinen Versorgungsausfall. Trotzdem sind die Notierungen am Rotterdamer Markt für Benzin gestern auf 700 Dollar pro Tonne hochgeschnellt. Zuvor lagen sie bei rund 650 Dollar.

Die Opec kritisiert, dass auch der Preisanstieg des Rohöls trotz des Wirbelsturms nicht gerechtfertigt ist. Wie sehen Sie das?

Das sehe ich genauso. Die Daten des Marktes zeigen, dass es eine ausreichende Ölversorgung gibt. Es wurde in den letzten Monaten sogar mehr Rohöl gefördert. Aber der Ölmarkt, also die Börsen, an denen gehandelt wird, reagieren auf jede Meldung extrem sensibel.

Aber der Hurrikan hat dazu geführt, dass die Ölförderung im Golf von Mexiko eingestellt werden musste.

Der Hurrikan ist dabei noch ein vergleichsweise konkreter Faktor. Denn immerhin beeinträchtigt er lokal die Ölförderung. Das Problem ist, dass die weltweiten Förder- und Verarbeitungskapazitäten hoch ausgelastet sind. Deshalb reagieren die Spekulanten schon dann, wenn die Versorgung gefährdet scheint. Da muss noch gar nichts passiert sein.

Die Investmentbank Merrill Lynch geht davon aus, dass Spekulanten und Hedge-Fonds den Ölpreis zurzeit um 15 bis 20 Dollar hochdrücken. Ist das realistisch?

Eine konkrete Zahl zu nennen, ist uns nicht möglich. Tatsache ist, dass die Fundamentaldaten des Marktes zurzeit eine sehr geringe Rolle spielen.

INTERVIEW: SUSANNE GÖTZE