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Die Skandal-AG

AUS HANNOVER KAI SCHÖNEBERG

Volkswagen ist direkt kaum finanzieller Schaden entstanden. Allerdings wirft die Schmiergeldaffäre um Arbeitnehmervertreter ein desaströses Bild auf den Einfluss der Gewerkschaften bei Europas größtem Autobauer. Bei den Spekulationen geht es auch um Prostituierte – und darum, wie die VW-Manager versuchten, die mächtigen Arbeitnehmerfunktionäre zu kaufen. Täglich tröpfelt derzeit neuer Schmutz über den früheren Personalvorstand der VW-Tochter Skoda, Helmuth Schuster, und den Ex-Vorsitzenden des Gesamtbetriebsrats, Klaus Volkert, nach außen. Zunehmend rückt auch der Personalchef Peter Hartz ins Zentrum des Interesses. Mit weiteren Enthüllungen ist zu rechnen: Reporterteams zahlen derzeit „jede Summe“ für neue Stories aus der VW-Zentrale.

Als Gesamtbetriebsratschef Volkert am vergangenen Donnerstag seinen Rücktritt ankündigte, war die Belegschaft völlig überrascht, eigentlich sollte der 62-Jährige erst 2006 aufhören. Volkert hatte das Gremium, ohne das bei VW keine Schraube gedreht wird, 15 Jahre lang geführt. Mittlerweile sind Gerüchte über seine Beziehung zu einer Brasilianerin auf- und der gelernte Schmied abgetaucht. Nicht nur die „Samba-Affäre“ verunsichert derzeit die VWler: Wie kann es sein, dass die Belegschaft Nullrunden aufgebrummt bekommt, während die Betriebsräte sich auf Lustreisen in Brasilien vergnügen, fragen sich viele. Gestern meldete die Süddeutsche Zeitung auch noch, dass sich der VW-Vorstand Zugeständnisse des Betriebsrats durch „das Einfliegen von Luxus-Nutten“ erkauft hätte. Die Zeitung beruft sich dabei auf die VW-interne Revision, die den Fall derzeit prüft. Personalchef Peter Hartz, der Namensgeber der Schröder’schen Arbeitsmarktreformen, soll die Ausflüge des Betriebsrats sogar abgesegnet haben.

Zudem soll der Skoda-Mann Schuster, in den 90er-Jahren ein enger Mitarbeiter von Hartz, in ein Geflecht von sechs weltweit operierenden Tarnfirmen verwickelt sein, die mit dem eigenen Konzern Geschäfte tätigen wollten. VW-Mitarbeiter und außenstehende Geschäftsleute sollen, so berichtet die SZ, über eine Holding mit Sitz in der Schweiz Unternehmen in Indien, Angola, Tschechien und Luxemburg gegründet haben. Und Schuster soll angeblich mit dem Versprechen, in Indien ein VW-Werk zu errichten, drei Millionen Euro von einer Provinzregierung kassiert haben. VW-Konzernchef Bernd Pischetsrieder legte die Pläne für die Fabrik und für eine Montagefabrik in Angola inzwischen auf Eis. Schuster soll außerdem zusammen mit Volkert an der Firma F-BEL beteiligt gewesen sein, die für Skoda in Prag eine „Autostadt“ ähnlich der in Wolfsburg bauen wollte. Dieses Projekt scheint allerdings schon im Februar gestoppt worden zu sein. Da ließ VW Schuster bereits von Detektiven beobachten.

Die Braunschweiger Staatsanwaltschaft wollte sich gestern nicht zu den Medienberichten äußern. Ein Sprecher konnte jedoch nicht ausschließen, dass bei den Ermittlungen weitere Firmen eine Rolle spielen. Nach einer Anzeige von VW wegen Untreue und Betrug gegen Schuster und einen weiteren Mitarbeiter wertet die Staatsanwaltschaft seit Montag Unterlagen des Konzerns aus.

Der neue Markenchef Wolfgang Bernhard äußerte sich unterdessen in einem Brief an die Belegschaft kritisch über Qualitätsprobleme bei Volkswagen. VW stehe „am Scheideweg“. Bernhard, der sich bei DaimlerChrysler einen Namen als Sanierer machte, stehen harte Gespräche mit den Arbeitnehmervertretern bevor. Weil VW nach Auffassung des Managements bis zu 40 Prozent höhere Fertigungskosten als die Wettbewerber hat, geht es auch um Einsparungen beim Personal.

Bernhard muss dabei in den Ring mit dem designierten Gesamtbetriebsratschef Bernd Osterloh steigen. Der bisherige Vize sollte gestern zum Betriebsratschef in Wolfsburg gewählt werden. Auch seine Wahl zum Vorsitzenden des Weltbetriebsrats ist bereits vorgesehen. Dass er den weichen Kurs Volkerts beibehält, gilt bei VW als ausgeschlossen. Während der bei den Tarifverhandlungen für „Jobs statt Mäuse“ plädierte, wollte Osterloh nur mehr Geld.

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