die marke deutsch von WIGLAF DROSTE :
Seit Monaten verkündet die Deutsche Bahn in ihren Speisewagen die Botschaft „Deutschlands junge Spitzenköche kochen deutsch“. So steht es auf den Speisekarten und den Papiertischdecken. Bildlich wird der doppeldeutsche Satz gewürzt mit dem Foto eines in Schwarzrotgelb glanzlackierten Tellers – von dem man allein schon der giftigen Lackfarbe wegen nicht essen könnte.
Die Aussage „Deutschlands junge Spitzenköche kochen deutsch“ ist nicht gerade sensationell. Italienische Spitzenköche kochen auch nur mit Wasser, das wäre vielleicht erwähnenswert, oder deutsche Spitzenköche kochen libanesisch, das könnte interessant sein. Aber „Deutschlands junge Spitzenköche kochen deutsch“? Ja was und wie denn sonst, warum wird das in den Rang einer Nachricht erhoben? Das ist so fade wie die Meldung „Hund beißt Mann“.
Die Kampagne ersonnen haben die Vermarktungsstrategen von der CMA, der Centralen Marketing-Gesellschaft der deutschen Agrarwirtschaft, deren Arbeit ausschließlich in Produktreklame besteht und deren so genannte Gütesiegel deshalb nicht das Papier wert sind, auf dem man sie druckt. Die CMA wäscht alles rein, was in Massentierhaltung produziert wird – Hauptsache, es geschieht unter hygienisch einwandfreien Bedingungen, das ist ihr Kriterium. Um gesunde, artgerecht hergestellte Nahrungsmittel geht es der CMA nicht, sondern um massenhaften Verkauf.
Entsprechend phrasengesättigt bläht sich die Bahn-Broschüre: „Auf unnachahmliche Weise“ sei es „jungen Spitzenköchen gelungen, deutsche Kochkunst völlig neu zu interpretieren“, heißt es, und vom „Genuss auf höchstem Niveau“ ist die Rede. Wer viel mit der Bahn fährt und gelegentlich dort isst, weiß ein anderes Lied zu singen: das von Presspappenpampf à la Mikrowell’.
Warum also das überproportionierte Betonen der deutschen Herkunft deutscher Köche und ihrer deutschen Speisen? Den Deutschen, das hat auch die CMA gemerkt, kommt man am besten deutsch. Die Marke deutsch hat Konjunktur. Die Deutschen interessieren sich weniger dafür, ob sie wie richtige Menschen leben – nur Deutsche wollen sie sein, um jeden Preis.
Bundespräsident Horst Köhler berief sich in seiner Antrittsrede auf die Liebe zu Vaterland und Gott – „Ich liebe unser Land“, dröhnte er und holte sich noch Hilfe dazu: „Gott segne unser Land.“ Solche Bekenntnisse sind billiger als schlechte Lebensmittel beim Discounter – sie sind gratis. Beim Händeschütteln mit dem früheren nationalsozialistischen Marinerichter Hans Filbinger zeigte Köhler, was er unter Patriotismus versteht.
In dieser trüben Suppe schwimmt auch die CMA-Kampagne „Deutschlands junge Spitzenköche kochen deutsch“ – die beteiligten Köche versprechen sich einen Werbeeffekt für ihre Restaurants und stören sich weder am CMA-Etikettenschwindel noch an der patriotischen Verpackung. Dabei weiß jeder Koch: Patriotismus kann man nicht essen. Patriotismus ist ein Ersatzstoff wie Kunsthonig und genauso klebrig. „Deutschlands junge Spitzenköche kochen deutsch“? In dem Maße, wie das Propaganda- und PR-Gejabbel anschwillt, wird die Lebensqualität in Deutschland schlechter.