Mentales Sponsoring

Mit einem 2:2 gegen Japan und vielen zauberhaften Szenen trotz grassierender Müdigkeit qualifiziert sich der Weltmeister im Kölner Werbebegleitspiel für das Halbfinale des Confed-Cups

AUS KÖLN BERND MÜLLENDER

Gestern hat sich in dieser Zeitung der scheidende Kollege Lieske darüber lustig gemacht, wer und was alles beworben und gesponsort wird bei der PR-Show Confed Cup. Der Autor präsentierte (by himself) allerhand kühne und spaßige Ideen, was die Zukunft noch so bringen könnte an reklamerischen Abscheulichkeiten. Dies war fahrlässig voreilig. Denn schon beim Werbebegleitspiel Brasilien – Japan waren die Dinge weiter vorangeschritten als albgeträumt.

Vielleicht lag es an Köln. Die Stadt war schon immer eine einzige Zukunftsorientierung in Stein. Vielleicht lag es auch nur an den kölschen Nahverkehrsbetrieben. Die fuhren nämlich aus alter FC-Gewohnheit drei Spiele lang zum „Rheinenergie-Stadion“. Das darf nicht, sagt die Fifa, es hat nur Stadion Cologne (Köln) zu heißen, schließlich gehört die popelige Energiefirma nicht zum mächtigen Sponsorenkreis. Und also galt es beim überaus prickelnden und niveaureichen 2:2 zwischen den überlegenen, aber manchmal sorglosen Brasilianern und Japan werbetechnisch einiges wiedergutzumachen.

Vorgabe war der Ist-Zustand: Vor jedem Spiel werden die Fifa-Flaggen lauthals präsentiert von Vodafone, die Fairplay-Flaggenträger von Puma, man bekommt zugebrüllt, dass die Ballkinder verantwortungsbewusst ausgesucht von Pepsi-Cola und die Spielerbegleiter selected wurden by Burger King. Selbst die Schiedsrichterpfeife flötet nur, weil sie von Apollinaris ausgesucht wurde.

Brasilien – Japan war einseitiger als das Remis vermuten lässt. Und dennoch hätte der große Favorit in der Domstadt (gesponsort by Ratzinger) durchaus scheitern können. Die angriffsfrechen, aber defensiv oft überforderten Japaner hatten anfangs getroffen – zu Unrecht verweigerte der Schiedsrichter (proudly presented by Oddset) dem Tor (by Porta) wegen Abseits (dedicated to Sepp Blatter) in der 4. Minute die Anerkennung. Und nach 92 Minuten, hätten sie fast noch mal getroffen – Oguro vergab eine Riesenchance. Theoretisch hätte die Fußballwelt auf den Kopf gestellt sein können.

Dazwischen lag mehrheitlich große Fußballkunst – des Weltmeisters. Allerlei (presented by Leipzig) flotte Kombinationen legte die Selecao (selektiert durch ihren Trainer Parreira) „trotz großer Müdigkeit“ (ebender) auf den Rasen (Autoindustrie). Sehenswert (Optikerinnung), wie den Brasilianern der Ball bisweilen an den Füßen pattexte (by Uhu), um kurz darauf nach hinreißenden Kunststückchen (by Siegfried & Roy) wie eine Flipperkugel durch die eigenen Reihen zu zirkulieren. Und die Japaner kamen immer wieder zu spät (by Deutsche Bahn).

Für Brasilien hatten Jungstar Robinho (10.) und Ronaldinho (32.) getroffen, der dazu sogar mit dem Referee einen abgefeimten Doppelpass (ausnahmsweise by Otto Schily) spielte. Japans Wieselbande war am Strafraum (presented by Deutscher Richterbund) mit ihrem Latein (by Berlitz) meist am Ende und konnte dennoch zweimal ausgleichen: Erst durch den starken Mittelfeldlenker Nakamura (27.), der Brasiliens Ersatzkeeper Marcos (by Imelda), aufgelaufen mit einer putzigen Freizeithose (by Kiraly), aus großer Distanz düpierte. Und dann, so spät wie unerwartet, konnte Oguro noch einmal abstauben (dank Vileda) – in Minute 88 (propagandiert durch NPD).

Zwischendurch hatte Brasiliens Kaka (by Hakle feucht) zum Frommen der Werbepartner zielsicher den Pfosten (Nescafé Latte Macchiato) anvisiert und Ogasawara krachend die Unterkante der Latte (Pfostbank). Japans Trainer und Nieweltmeister Zico, der von seinen brasilianischen Landsleuten im Stadion lautstark gefeiert wurde, hatte in der Schlussphase noch seinen Angreifer Suzuki eingewechselt, um Honda eins auszuwischen und nannte das Ergebnis „für Japan glücklich“ (by Lotto). „Die Japaner“, meinte Kollege Parreira erleichtert (by Glaubersalz) und gut gelaunt (by Prozac) „haben nie aufgegeben“ (by Olli Kahn).

Gegen die physisch stärkeren Cleansmen, am Samstag (18 Uhr – by „Die Zeit“) in Nürnberg beim ersten Halbfinale, wird Brasilien auf die Originale des Nie-Aufgebens treffen. „Gegen Deutschland“, weiß Trainer Parreira, „ist es immer schwer.“ Bayerns brasilianischer Abräumer Lucio (by Jesus) nimmt die Aufgabe als Clubmeisterschaft: „Es freut mich, dass Zé Roberto und ich gegen die Teamkameraden spielen.“ Indes wolle er „gegen Kahn, Ballack, Schweinsteiger und Deisler nicht verlieren.“

Die Brasilianer wirkten trotz Überlegenheit nicht nur nach Meinung von Mainz-Trainer Jürgen Klopp „sehr müde und erschöpft“. Parreira aber weiß: „Wenn du mental fit bist, kannst du körperliche Probleme besser überwinden“ (by Herberger). Und: „Jetzt wollen wir das Turnier gewinnen. Keine Experimente mehr“ (by Adenauer). Nur wie? Der pausierende Mittelfeld-Staubsauger (by Vorwerk) Emerson (by Lake & Palmer) mahnt, gerade gegen Deutschland müsse man sich mehr „gegenseitig helfen und enger decken“. Aber Brasilien wäre nicht Brasilien, wenn es in diesem Prestigeduell nicht wieder mit sechs Offensivmannen antreten würde, wie Parreira ankündigte. Denn nur Angriff ist wahrer Fußball: „Dieser Glaube (Katholische Kirche, Macumba) ist bei uns tief und groß.“ Amen (by God).