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Archiv-Artikel

Die etwas andere Völkerschau

Blüten der Eventkultur, Schatten der Vergangenheit: Der Augsburger Zoo warb für ein Festival namens „African Village“ – und handelte sich damit eine Menge Ärger ein

Die Eventkultur macht vor Löwen-Gehegen und Pinguin-Becken längst keinen Halt mehr. Weil es Geld bringt, vermieten viele Zoodirektoren ihr Haus für Veranstaltungen; die lärmempfindlichen Tiere werden so lange weggeschlossen. „Für Ferien, Partys und Events finden Sie im Zoo den richtigen Rahmen“, protzt zum Beispiel der Berliner Zoo. Parallel zum Christopher Street Day steigt dort in drei Wochen eine glamouröse „Gay Night at the Zoo“. Die lesbisch-schwule Swingparty sei der richtige Ort, um dem Affen Zucker zu geben, schwärmt schon jetzt das Stadtmagazin Siegessäule.

Etwas daneben gegriffen hat nun allerdings der Zoo in Augsburg. „Für vier Tage entsteht im Augsburger Zoo ein afrikanisches Dorf“, warb der Tierpark für einen „Zoo-Besuch mit Überraschungen“ vom 9. bis 12. Juni. Manch einer fühlte sich da an die unselige Tradition der „Völkerschauen“ der Jahrhundertwende erinnert, bei denen halbnackte Afrikaner dem amüsierten Publikum zur Schau gestellt wurden. Vor allem die „Initiative Schwarzer Deutscher“ (ISD) schlug Alarm, ihr Protestschreiben machte als Kettenbrief im Internet die Runde. Seitdem wird die Direktorin des Augsburger Zoos, Barbara Jantschke, mit Protestmails überschüttet.

Inzwischen gibt sie zu, zumindest der Name sei unglücklich gewählt. „Das war ein großer Fehler“, gesteht sie ein. „Das war unbedacht.“ Ändern könne sie den Titel aber nicht mehr, sagt sie. „Die Werbematerialien sind gedruckt.“

Symptomatisch ist die Provinzposse dafür, welch große Unbedarftheit in Deutschland mancherorts vorherrscht, wenn es um die eigene rassistische Kolonialvergangenheit geht. Pech nur für den Augsburger Zoo, dass die öffentliche Sensibilität diesbezüglich zugenommen hat und auch afrodeutsche Interessenverbände zunehmend selbstbewusst agieren. Das musste im vergangenen Jahr auch die Berliner Volksbühne lernen, die für das Theaterstück „Kampf des Negers und der Hunde“ pseudoprovokant mit dem Wort „Neger“ als riesigem Schriftzug an ihrer Fassade warb und sich damit massive Proteste einhandelte.

Natürlich ist ein Festival wie das im Augsburger Zoo etwas völlig anderes als die Völkerschauen vergangener Tage. „Kunsthandwerker, Korbflechter und Zöpfchenflechter“, wie angekündigt, findet man schließlich auf jedem besseren Straßenfest, erst recht auf einem der grassierenden „Afrika-Festivals“. Die mögen zwar auch Klischees bedienen. „Die Leute werden aber nicht dahin gebracht und ausgestellt“, sagt Barbara Jantschke. „Die mieten sich Stände, um etwas zu verkaufen oder auf soziale Projekte aufmerksam zu machen“, und verweist auf Unterstützer wie die „Assoziation afrikanischer Kulturschaffender“ oder CARE Deutschland.

Trotzdem bleibt die Kombination von Zoo und „African Village“-Folklore problematisch. Das hat nun auch der Augsburger Zoo begriffen. Da er aber nicht auf die Veranstaltung verzichten will, bietet er nun als Kompromiss Workshops oder eine Diskussion zum Thema „Koloniale Vergangenheit“ an.

Deutschland lernt langsam mit dem Thema umzugehen.

DANIEL BAX