DIE NÄHE RUSSLANDS ZUR ARABISCHEN WELT IST NUR NOCH EIN MYTHOS: Putins Widersprüche
Lange fehlte dem Kreml eine klare Politik gegenüber der arabischen Welt, die einst zu Moskaus engsten Verbündeten zählte. Putins Reise in den Nahen Osten mit Stippvisite in Israel wird daran kaum etwas ändern. Zwar dient die nicht nur dem Geschäft, sondern vor allem Russlands internationalem Ansehen. Obgleich Mitglied des Quartetts zur Regulierung des Palästinakonfliktes, spielte Moskau bislang dort keine besondere Rolle. Dabei sein wollte man vor allem aus Statusgründen.
Inzwischen hat der Kreml erkannt, dass in der Region nicht nur die Weichen der Energiepolitik gestellt, sondern auch über die Beschaffenheit der arabischen Welt entschieden wird. Ob Afghanistan, Irak oder Libanon – Moskau schaut nur zu.
Die traditionelle Nähe zwischen der arabischen Welt und Moskau, wie sie in der UdSSR beschworen wurde, ist längst Mythos. Des alten Verbündeten erinnert man sich im arabischen Raum vornehmlich dann, wenn es gilt, dessen Stimme bei strittigen Entscheidungen in internationalen Organisationen zu sichern – zum Verdruss der seit Putin wieder in überkommenen Denkmustern verharrenden politischen Elite, die in der arabischen Welt nach wie vor potenzielle Verbündete sieht. Nicht etwa im Kampf gegen den Terrorismus, sondern in Abgrenzung zum Westen und den USA. Für diese Kreise aus Geheimdienst und Sicherheitsministerien gehören Ressentiments gegenüber dem Westen und Antisemitismus zum alltäglichen Handwerkszeug.
Putin stellt eine löbliche Ausnahme dar. Aber auch er laviert. Unbestritten ist dem Präsidenten an einer Verbesserung der Beziehungen zu Israel gelegen. Das hindert ihn aber nicht, den Syrern SA-18 Luftabwehrraketen zu verkaufen, die israelische Aufklärungsflüge verhindern werden und nebenbei auch in die Hände der Hisbollah gelangen könnten. Der Bau eines russischen Atomreaktors im Iran sorgt in Jerusalem ebenfalls für Unruhe. Diese Widersprüche verurteilen Moskaus Versuch zum Scheitern, an die verlorene Rolle im Nahen Osten anzuknüpfen und in Israel als ehrlicher Makler gelten zu können. KLAUS-HELGE DONATH
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