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Archiv-Artikel

Kollektives Radeln erspart die teure U-Bahn

Wegen des langen Streits um die Preiserhöhung müssen FU-Studierende im Sommer auf ihr Semesterticket verzichten. Mehr zahlen wollen sie trotzdem nicht. Einige haben Radfahrgruppen gebildet. Andere rufen zum „Pinkfahren“ auf

Tief in die leere Tasche greifen? Für die BVG? Nee. Studierende der Freien Universität setzen sich gegen die Preissteigerungspolitik der BVG zur Wehr. Sie steigen aus – und um aufs Rad.

Denn die Verkehrsbetriebe haben zum gerade begonnen Semester den Preis für das studentische Monatsticket von 115 auf 141 Euro erhöht. Den FU-Studis war das deutlich zu viel. Per Urabstimmung lehnten sie die Verteuerung ab. Erst als die Kommilitonen von Humboldt- und Technischer Uni mit ihrer Zusage den Verhandlungsspielraum schlossen, stimmten auch die Dahlemer Studierenden in einem zweiten Urnengang zu – zu spät. Für das gerade begonnene Sommersemester aber bekamen nur die Studierenden von HU und TU das Semesterticket.

Die FU-Studis müssen aus organisatorischen Gründen bis zum Herbst warten. Viele verzichten nun vollständig auf den Service der BVG. Die U-Bahnen nach Dahlem sind an diesen ersten Unitagen leerer als gewohnt. Dann und wann sitzt zwischen den Villen im Unibezirk jemand am Straßenrand und werkelt am Fahrradreifen.

Dass sie die rigide Preispolitik der BVG nicht unterstützen werden, ist für Franziska Scheibe und Madeleine Sauer klar. Sie radeln zur Uni. Aus Neukölln. Juliane Seifert auch. Vom Prenzlauer Berg aus. Und Thomas Krikser strampelt von Kreuzberg nach Dahlem. Er hat sich vorgenommen: „Keinen Cent kriegt die BVG von mir in diesem Semester.“ Ein Unternehmen, das einst erklärt habe, langfristiges Ziel sei es, die Preise zu steigern, gehöre ignoriert – und nicht mitfinanziert, meint Krikser.

Und weil die vier längst nicht die Einzigen sind, wird das Ticket im Kollektiv umradelt. Während der gesamten Vorlesungszeit soll es Radfahrgruppen geben. Gemeinsam zu fahren ist bei den mitunter beachtlichen Strecken nicht nur angenehmer, es ist auch ein Politikum.

Seit Montag treffen sich nun täglich um 9 und 11 Uhr Fahrradgruppen am Hermannplatz Ecke Sonnenallee, am U-Bahnhof Warschauer Straße sowie um 9.30 und 11.30 Uhr am Mehringdamm Ecke Yorckstraße. Ihr Motto: „Fit und schlank dank BVG“. Der Idee liegt nicht nur die Sparabsicht zugrunde. Denn den Ausstieg aus dem öffentlichen Nahverkehr sehen die Studierenden als Fortsetzung ihres Widerspruchs gegen die permanenten Preiserhöhungen.

Das Sommersemester mit dem entsprechenden Wetter wissen sie gut zu nutzen und hoffen auf eine rege Beteiligung an den Fahrradgemeinschaften, um dann gemeinsam weiterzudenken: ob es kleine Fahrgemeinschaften bleiben oder eine Fahrraddemo wird, ob Protest-T-Shirts reichen oder die Straßenblockade hermuss.

Oder ob man vielleicht doch mal in die U-Bahn steigt – dann aber nur mit dem „Pinken Punkt“. Die Initiative „Berlin Umsonst“ will demnächst mit einem Fahrscheinsystem von unten die Mobilitätskraft der BerlinerInnen erhöhen. Mit dem Pinken Punkt als Erkennungszeichen sollen Menschen, die gerne wollen, gemeinsam mit Bus und Bahn ans Ziel fahren. Nur zahlen soll niemand – als Zeichen des Protests gegen die Verschärfung der Lebensbedingungen, die Ausgrenzung und unbezahlbare Fahrkarten. Die Initiative ruft bereits zu einer gemeinsamen Rundfahrt auf: Am 26. April soll es um 15 Uhr „pinktlich“ vom Innenhof der Humboldt-Uni zur „Pink-Fahrt“ losgehen.

Auch wenn sich Schwarz- nun Pinkfahrer nennen, der BVG kann das nicht passen. „Große Gruppen haben es viel leichter, den Kontrolleuren zu erklären, dass sie jetzt Pause haben“, heißt es dazu auf der Homepage der Initiative. MARTIN KAUL

Infoveranstaltung „Kein Semesterticket – was tun?“, heute, 16 Uhr, Hörsaal A der Silberlaube an der FU