: 100 Prozent Rendite für Klimafreundlichkeit
Der zum Jahresanfang begonnene Handel mit Verschmutzungsrechten fängt an zu wirken: Eine Verknappung an Lizenzen hat erste Anreize zum Klimaschutz gebracht. Preis für Tonne Kohlendioxid hat sich in 2 Monaten verdoppelt
FREIBURG taz ■ Klimaschutz wird immer attraktiver. Schneller, als von allen Marktbeobachtern noch vor wenigen Monaten vermutet, steigt an den internationalen Märkten derzeit der Preis der „Kohlendioxid-Aktie“ – den Verschmutzungsrechten mit dem Klimakiller CO2. So werden die auch als Emissionszertifikate aktuell in der EU mit rund 16 Euro je Tonne gehandelt. Im Februar kosteten die Papiere noch sieben Euro je Tonne. Die Konsequenz ist durchaus erwünscht: Investitionen in klimafreundliche Technologien werden rentabler – je teurer die Zertifikate werden: Seit Einführung des Handels muss nämlich jeder, der mehr Kohlendioxid aus seinem Schornstein bläst, als ihm zugestanden wird, dafür zahlen.
Ein Grund für den stark anziehenden Preis sind die steigenden Öl- und Gaspreise. Mancherorts wurde die Feuerung wieder auf Kohle umgestellt. Da bei der Kohleverbrennung aber mehr Kohlendioxid emittiert wird, müssen mehr Zertifikate gekauft werden – was zu ihrer Verknappung führt. „Es gibt Stromerzeuger, denen es für ihre Kohle derzeit an Emissionsrechten fehlt“, sagt ein Bankanalyst.
Zugleich spielen bei der Entwicklung des CO2-Preises auch politische Entwicklungen eine Rolle. Je geringer die Menge an Zertifikaten ist, die den einzelnen EU-Staaten zugeteilt wird, umso höher wird nach Marktlogik der Preis. Nachdem Polen nun unerwartet restriktiv mit Emissionsrechten ausgestattet wurde und auch in Tschechien der so genannte Allokationsplan nicht allzu üppig ausfallen dürfte, verzeichnet der Markt eine Verknappung. Offen ist auch noch die Ausstattung Italiens mit Emissionsrechten; im Mai wird darüber entschieden.
Und schließlich spielt bei der Preisentwicklung auch das Wetter eine Rolle. Kalte Witterung hatte im März die Energienachfrage steigen lassen, weshalb Energieversorger mehr Emissionsrechte verbrauchten als ursprünglich eingeplant. So mussten sie an der Börse Emissionsrechte zukaufen. Trockenes Wetter reduzierte zugleich die Produktion der Wasserkraftwerke, vor allem in Nordeuropa.
Die Folgen des steigenden Kohlendioxidpreises machen sich bereits bemerkbar: Der Wechsel von Gas zur derzeit billigeren, aber klimaschädlicheren Kohle wird gebremst. Manchem großen Kohlendioxid-Emittenten tue der hohe Preis inzwischen „richtig weh“, sagt ein Branchenkenner.
Genau das ist im Sinne des Kioto-Protokolls: Die Unternehmen bekommen zunehmend Anreize, Energie zu sparen und umweltgerechter zu erzeugen. Und wenn der Preis langfristig noch weiter bis auf über 25 Euro je Tonne steigen sollte, wird das auch die Neubaupläne der Stromwirtschaft in den kommenden Jahren beeinflussen. Dann werden Kohlekraftwerke im Betrieb schlicht zu teuer.
BERNWARD JANZING
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