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Archiv-Artikel

Merkel mauert gegen Bafög-Abschaffung

Von Bayern bis Brandenburg fordern Bildungsminister der Union das Ende der staatlichen Ausbildungsförderung. Doch sie haben dabei eine prominente Gegenspielerin – CDU-Chefin Merkel. Studentenwerk warnt vor sozialen Folgen

BERLIN taz ■ „Niemand hat die Absicht, das Bafög abzuschaffen“, beteuerte gestern CDU-Chefin Angela Merkel. Sie versuchte damit, die immer lauter werdenden Rufe der Unions-Bildungsminister von Bayern, Niedersachsen, Brandenburg und Baden-Württemberg nach dem Aus für das Bafög zu übertönen. Die Äußerungen der Vizevorsitzenden Annette Schavan seien falsch interpretiert worden, so Merkel.

Schavan, Kultusministerin von Baden-Württemberg, hatte zu Wochenbeginn verlangt, dass 2006 die Weichen für eine kreditfinanzierte elternunabhängige Studienförderung gestellt werden. Das Bafög solle nur bleiben, bis es einen attraktiven Markt für Bildungsfinanzierung gebe.

Im baden-württembergischen Wissenschaftsministerium von Peter Frankenberg (CDU) dementiert man Schavans Vorschläge nur halbherzig. Die Ministerin sei überinterpretiert worden, beteuert Sprecher Gunter Schanz. Das Bafög sei wichtig – bis auf Weiteres: „Wir stellen das Bafög in den nächsten zwei, drei Jahren nicht in Frage.“ Langfristig sei es aber sinnvoll, Lebenshaltungskosten und Studienfinanzierung zusammenzubringen. Gegenwärtig wird in Frankenbergs Haus an einem Darlehenssystem gearbeitet. „Damit sollen aber nur die Gebühren abgedeckt werden“, sagte Schanz.

Nach Ansicht der staatlichen Kreditanstalt für Wiederaufbau sind die von Schavan angesprochenen attraktiven Bildungskredite noch in weiter Ferne: „Es gibt keinerlei Ansätze dafür, dass sich ein Markt entwickelt“, sagte KfW-Sprecherin Sonja Höpfner. Private Banken fürchten vor allem das Ausfallrisiko und fordern staatliche Bürgschaften. Die KfW will im Herbst ein eigenes Kreditmodell anbieten. „Unser Modell ist ganz klar in Ergänzung zum BAFöG gedacht“, stellte Höpfner klar. Demnach sollen Studierende elternunabhängige Kredite bis zu 650 Euro monatlich aufnehmen können, die marktüblich verzinst werden. Die Rückzahlung erfolgt einkommensabhängig nach dem Studium.

Der Bundesverband der Deutschen Industrie hatte ebenfalls angekündigt, Strategien zur Studienfinanzierung zu entwickeln, um den Fachkräftenachwuchs zu sichern. Man wolle derzeit aber keine Auskünfte über den Stand geben, sagte eine Sprecherin. Die Union will in den nächsten Tagen mit dem BDI beraten.

Das Deutsche Studentenwerk warnte davor, das Bafög zugunsten privater Darlehen und Kredite abzuschaffen: „Damit wird die soziale Ungleichheit noch verschärft“, sagte Generalsekretär Achim Meyer auf der Heyde der taz. Nach Berechnungen des Studentenwerks könnten Absolventen mit bis zu 120.000 Euro Schulden die Uni verlassen. „Das sind nicht nur private, sondern auch gesellschaftliche Nachteile. Sie sind nicht mehr kreditfähig und es lohnt sich für sie auch nicht, hohe Einkommen zu erzielen, wenn sie von diesen die Schulden abbezahlen müssten“, sagte Meyer auf der Heyde. Das Studentenwerk plädiert dafür, das Bafög auszuweiten, denn gegenwärtig würden immer mehr Kinder der unteren Mittelschicht aus Kostengründen vom Studium abgeschreckt.

Das Aktionsbündnis gegen Studiengebühren sieht den Vorstoß, auf private statt staatliche Finanzierung umzustellen, als „totalen Rückschritt“. ABS-Vertreter Sascha Vogt sagte: „Perspektivisch ist eine elternunabhängige Förderung zwar richtig.“ Unter den aktuellen Umständen gebe es zum Bafög aber keine Alternative. ANNA LEHMANN

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