: „Geld und Soldaten sind nötig“
Wenn es um den Frieden in Nahost geht, wird Europa nicht darum herumkommen, auch mit militärischen Mitteln zu helfen, meint Ex-Sicherheitsberater Brzezinski
taz: Herr Brzezinski, US-Außenministerin Condoleezza Rice hat während ihres Besuchs in Europa von der Notwendigkeit gesprochen, sich von den Uneinigkeiten der Vergangenheit abzuwenden. Wie stehen die Chancen für eine Verbesserung der Beziehungen?
Zbigniew Brzezinski: Eine echte Verbesserung in den amerikanisch-europäischen Beziehungen kann nur allmählich entstehen. Es ist eine bedauernswerte Tatsache, dass sich zwischen Amerika und Europa eine sehr tiefe Kluft in den globalen Wahrnehmungen aufgetan hat. Zudem ist es traurige Tatsache, dass auf beiden Seiten Ernüchterung vorherrscht. Die beste Art, dies zu überwinden, wäre, eingehende und ernsthafte strategische Diskussionen zu führen, die sowohl zu gemeinsamen Entscheidungen als auch zum Teilen der Lasten führen. Bisher neigten die USA dazu, die gemeinsamen Lasten zu betonen, aber die Entscheidungen alleine zu treffen. Die Europäer dagegen neigten dazu, den Akzent auf gemeinsame Entscheidungen zu setzen, jedoch Amerika die Lasten zu überlassen.
Wie könnten die amerikanisch-europäischen Beziehungen gestärkt werden?
Die dringlichsten Fragen, in denen nicht nur Uneinigkeit, sondern auch tiefer Argwohn gegeneinander besteht, berühren den Nahen Osten. Dazu gehören der israelisch-palästinensische Konflikt, der Irakkrieg und der Iran mit seinem Atomprogramm. Wenn die USA und die Europäer in diesen Fragen eine gemeinsame Politik definieren, dann wird sich die Kluft zwischen Europa und Amerika entscheidend verringern.
Wie könnte in Nahost die erwähnte Teilung der Lasten aussehen?
Im Nahen Osten umfassen diese Lasten Geld und Soldaten, und ich wiederhole das, Geld und Soldaten. Geld ist wichtig, denn egal, was für Arrangements entwickelt werden, dafür werden hohe Ausgaben benötigt. Soldaten, weil viele Aspekte der genannten drei Probleme die Sicherheit berühren, die wiederum ein militärisches Engagement verlangt. Das können die Europäer nicht vermeiden. Die Amerikaner müssen aber zugleich ehrlich dazu bereit sein, Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Sie können nicht nur „Grand Policies“ verkünden, die auf einem einzigen Wort beruhen, „Freiheit“, und dann von allen erwarten, dass sie Amerika darin folgen, was es im Namen eines Wortes oder eines Slogans macht.
Wo gibt es Anzeichen für eine echte Partnerschaft zwischen Europa und den USA?
Es gibt eine Partnerschaft, die sich aus der bestehenden Allianz ableitet. Zudem haben wir bei der Modernisierung der Nato, bei der Bewältigung des Tsunami und während der Krise in der Ukraine gut zusammengearbeitet. Es existiert aber zugleich eine tiefe Kluft, was die Antwort auf den Terrorismus und auf die dynamischen Probleme des Nahen Ostens angeht. INTERVIEW:MONIKA JUNG-MOUNIB