: Mit Kerosin in den UN-Sicherheitsrat
Finanzminister Hans Eichel setzt sich in Brüssel für neue Steuer auf Flugbenzin ein. Die könnte Geld für die Bekämpfung der Armut bringen. Das Engagement für die UN-Entwicklungsziele soll Deutschland einen Platz bei den Weltmächten verschaffen
VON HANNES KOCH
Um einem Sitz im Weltsicherheitsrat näher zu kommen, macht sich die rot-grüne Bundesregierung für die Bekämpfung der weltweiten Armut stark. Bei der Sitzung der EU-Finanzminister heute in Brüssel will Hans Eichel (SPD) seine Ressortkollegen zu einer neuen Steuer auf Flugbenzin drängen. Mit den Milliarden-Einnahmen aus dieser Steuer könnten Entwicklungsprojekte beispielsweise in Afrika finanziert werden.
Nachdem der britische Premier Tony Blair und Frankreichs Staatspräsident Jacques Chirac vorgeschlagen haben, mehr Geld für Entwicklungshilfe aufzubringen, will die Bundesregierung die Gunst der Stunde nutzen. Ziel ist es, einen ständigen Sitz im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen zu erlangen – bislang ein wackeliges Projekt. Die Aussichten hängen auch davon ab, welches Engagement Deutschland in diesem Jahr für die Millennium-Ziele der UNO aufbringt. Dieser Plan, für den noch viel Geld fehlt, sieht beispielsweise vor, den Anteil der Armen an der Weltbevölkerung bis 2015 zu halbieren und die Krankheit Aids zurückzudrängen. „Es wäre vorteilhaft, sich ein wenig anzustrengen“, heißt es dazu aus deutschen Regierungskreisen.
Wie die Steuer ausgestaltet werden könnte, ist noch nicht klar. Teilweise ist von einer Preiserhöhung von bis zu 10 Euro pro Ticket auf europäischen Flugstrecken die Rede. Beim Gipfel der mächtigsten Wirtschaftsnationen (G 7) hatten die europäischen Vertreter erwogen, bis zu acht Milliarden Euro mit der neuen Steuer zu erwirtschaften. Bislang erheben die meisten Staaten dieser Erde keine Steuer auf Flugbenzin.
Die Kerosinsteuer ist freilich umstritten – unter anderem in Berlin. Umweltminister Jürgen Trittin (Grüne) hält sie für unrealistisch. Es sei kaum möglich, den notwendigen Konsens unter den 25 EU-Mitgliedern herzustellen, so Trittin. Deshalb will er einen vermeintlich besseren Weg wählen: Flugbenzin soll in den Emissionshandel einbezogen werden.
Das sei aber frühestens 2008 möglich, argumentiert der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe. Außerdem bringe der Emissionshandel weniger Geld. Deshalb setzt sich Hoppe neben anderen Maßnahmen für die Kerosinsteuer ein – und glaubt sich damit im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt, Außenminister Joschka Fischer (Grüne) und auch Entwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD).
Welche Chancen die Kerosinsteuer auf Europa-Ebene hat, steht noch in den Sternen. Es gibt grundsätzliche Befürworter: Dazu gehören EU-Ratspräsident Jean-Claude Juncker, Kommissionspräsident José Manuel Barroso und Frankreichs Staatspräsident Chirac. Dieser schlägt zusammen mit der Bundesregierung vor, unter anderem durch die Kerosinsteuer ein Impfprogramm in Afrika zu finanzieren.
Aber auch die Gegner machen sich bereit. Die irische Regierung hat kein Interesse, weil sie die Finanzdienstleister und Konzern-Töchter schützen will, die sich auf der Insel angesiedelt haben. Spanien reklamiert eine besondere Abhängigkeit vom Flugverkehr nach Südamerika sowie zu den Ferieninseln im Mittelmeer und Atlantik. Ähnliche Argumente scheinen für Zypern und Malta eine Rolle zu spielen.
Der grüne Entwicklungspolitiker Thilo Hoppe weist allerdings darauf hin, dass aufgrund der europäischen Energiesteuer-Richtlinie auch einzelne Länder vorangehen könnten. Ein Konsens sei aber nicht unbedingt notwendig. So hätten Norwegen und die Niederlande Flugbenzin bereits mit einer Steuer belegt. Deutschland, Frankreich und andere Staaten könnten bilateral durchaus Ähnliches vereinbaren, erklärte Hoppe.