: Caritas will Ein-Euro-Jobs kündigen
Die Kommunen und Kreise sparen an der Qualifizierung von Ein-Euro-Jobbern, kritisieren die Wohlfahrtsverbände. An einer Ausbeutung der Langzeitarbeitslosen wollen sich die Caritasdirektoren aus Essen und Münster nicht beteiligen
RUHR taz ■ Die Wohlfahrtsverbände im Revier drohen den Städten und Kreisen, jetzt doch keine Ein-Euro-Jobs einzurichten. „Viele Städte versuchen, an der Qualifizierung von Langzeitarbeitslosen zu sparen“, kritisiert Heinz-Josef Kessmann, Caritasdirektor des Bistums Münster. Auch sein Kollege aus Essen, Andreas Meiwes, hatte in der WAZ angekündigt, unter diesen Umständen keine Ein-Euro-Jobs anzubieten. Ursprünglich hatte die Caritas in Nordrhein-Westfalen geplant, 3.000 so genannte Arbeitsgelegenheiten einzurichten, alleine im Ruhrbistum Essen sollten 1.000 davon entstehen.
Letztes Jahr sei den Bereitstellern von Ein-Euro-Jobs in Aussicht gestellt worden, 500 Euro pro Arbeitslosengeld-II-Empfänger zu erhalten, so Kessmann. „Davon sollten etwa 200 Euro zur Entlohnung der Betroffenen und 300 Euro für Betreuung und Qualifizierung ausgegeben werden“, so Kessmann. Bei den derzeitigen Verhandlungen der Kommunen und Kreise mit den Wohlfahrtsverbänden vor Ort zeichne sich jedoch ab, dass die Qualifizierung in den Hintergrund rücke. „Die Kommunen planen mehr Stellen einzurichten und dafür weniger für die Wiedereingliederung der Ein-Euro-Jobber in den ersten Arbeitsmarkt zu tun“, befürchtet Kessmann. Damit Langzeitarbeitslose aber wieder eine Chance im Arbeitsleben hätten, müssten sie sowohl berufsbegleitend weitergebildet als auch sozialpädagogisch betreut werden. „Viele müssen wieder lernen, pünktlich zu sein und sich zu waschen“, meint er. Die Kirchen hätten es „ernst gemeint“, als sie von der Qualifizierung der Langzeitarbeitslosen sprachen. „Wenn Kommunen glauben, sie könnten Langzeitarbeitslose ausbeuten, dann machen wir da nicht mit“, so Kessmann.
In der Kritik stehen unter anderem die münsterländischen Kreise Borken und Coesfeld. Doch die fühlen sich zu Unrecht angegriffen: „Wir werden nicht während des Ein-Euro-Jobs qualifizieren, sondern davor oder danach“, sagt Sandra Wilde, Sprecherin des Kreises Coesfeld. Als eine von zehn Optionskommunen beziehungsweise -kreisen in NRW kümmert sich Coesfeld selbst um die Vermittlung seiner Langzeitarbeitslosen. „Wir haben das Recht, das Budget für die ALG-II-BezieherInnen selbst zu verteilen“, sagt Wilde.
„Wir brauchen aber ‚Qualifizierung on the job‘“, sagt Maria Loheide, Geschäftsführerin im Diakonischen Werk Westfalen. Auch sie befürchtet, dass einige Kommunen bei der Betreuung von Arbeitslosen sparen wollen. Loheide hofft aber auf eine einvernehmliche Lösung zwischen den sozialen Trägern und den Kreisen und Kommunen. Über einen Rückzug aus den Ein-Euro-Jobs denkt sie noch nicht nach. „Wenn wir diese Stellen nicht einrichten, tun das andere“, sagt sie.
Einen Ansturm auf Ein-Euro-Jobs, wie aus Arbeitslosenhochburgen in Ostdeutschland bekannt wurde, kann im Ruhrgebiet bisher niemand bestätigen. Doch es gebe durchaus Anfragen, so Rudi Löffelsend, Sprecher vom Ruhrbistum Essen. Kein Wunder: Denn ein ALG-II-Empfänger bekommt mehr Geld für einen Ein-Euro-Job als wenn er einen so genannten Mini-Job annimmt. Während Ein-Euro-Jobber etwa 200 Euro zu ihrer Grundsicherung dazu verdienen können, bleibt den Mini-Jobbern bei einer 400-Euro-Arbeit nur 60 Euro davon übrig.
NATALIE WIESMANN