kommentar : Nicht in den Mund nehmen!
„Humankapital“ wurde zum „Unwort des Jahres 2004“ gekürt, weil es den Menschen auf seine Arbeitskraft reduziert. Aber genau das ist sein Job.
Es ist ein böses, böses Wort. Böser noch als die fiese „Kopfpauschale“, die menschenverachtende „Trainerfindungskommission“, die miese „Mitnahmementalität“ oder die verlogenen „Luftverschmutzungsrechte“.
Wahrscheinlich ist dem „Humankapital“ sein schwammiger Humanitätsbegriff zum Verhängnis geworden. Weil sich die Jury doch „mehr sachlicher Angemessenheit und Humanität“ im öffentlichen Sprachgebrauch verschrieben hat.
Die Jury sollte sich besser mal warm anziehen, denn das „Humankapital“ hat viele Freunde. Mächtige Freunde sogar, wie etwa das Institut der deutschen Wirtschaft, wo das „Humankapital“ keineswegs kritisiert, sondern kühl auf 3.750 Milliarden Euro beziffert wird. Wenn’s hart auf hart kommt, wird jedes aktuelle Politik-Lexikon dem Unwort diskret Unterschlupf bieten – unter „H“ und mit der Begründung, es sei immerhin „eine der Grundlagen wirtschaftlichen Wohlstands“. Sogar die Europäische Union preist den Bösewicht als „Fähigkeiten und Fertigkeiten sowie das Wissen, das in Personen verkörpert ist“ – freilich nur hinter vorgehaltener Hand und erst nach dem dritten Bier.
Kurioserweise ist das „Unwort des Jahres“ untrennbar mit seinem Gegenteil verbandelt, dem offiziell „schönsten deutschen Wort“. Denn was bleibt dem „Humankapital“, wenn es endgültig erschöpft ist? Ach, nur ein paar „Habseligkeiten“. ARNO FRANK