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Archiv-Artikel

Hartz IV schon reformbedürftig

Ob Zuverdienstregeln oder ungleiche Alg-II-Sätze in Ost und West: Noch vor dem Praxistest der Arbeitsmarktreform ab 1. Januar sieht Rot-Grün Korrekturbedarf

BERLIN epd ■ Vier Tage vor In-Kraft-Treten des Hartz-IV-Gesetzes ist eine Debatte über mögliche Nachbesserungen entbrannt. Bundesarbeitsminister Wolfgang Clement (SPD) schloss gestern Änderungen bei den Zuverdienstregeln nicht aus. Die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, forderte die gleiche Höhe des Arbeitslosengeldes II in Ost und West. Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete die Umsetzung der Arbeitsmarktreform als wichtigstes Projekt für das erste Quartal 2005.

Das Kabinett werde dazu jede Woche von Clement einen Vortrag hören, sagte Schröder dem Stern. Die Verantwortung für die Umsetzung liege eindeutig bei Clement. Für 2005 habe er das Ziel, die Arbeitslosigkeit so weit wie möglich zu senken. Er hoffe dabei auf die reformierte Bundesagentur für Arbeit.

Clement sagte, er habe sehr viel Verständnis für die Kritik an den engen Grenzen der Zuverdienstmöglichkeiten für Arbeitslose. Nach den neuen Regelungen darf ein Arbeitsloser mit einem Nebenverdienst von 400 Euro von jedem dazuverdienten Euro nur 15 Cent behalten. Nach Clements Einschätzung ist mindestens ein Jahr nötig, um fundierte Erkenntnisse über die Auswirkungen von Hartz IV zu gewinnen. „Wir werden aber sehen, ob es zu diesem besonderen Aspekt auch schneller geht“, sagte er der Süddeutschen. Die Arbeitsmarktreform solle möglichst reibungslos starten und so rasch wie möglich ihre Wirkung entfalten. Erst müsse Hartz IV die Chance haben, in der Praxis getestet zu werden.

Der Forderung nach einer Angleichung des Alg II steht der Minister skeptisch gegenüber. Die Leistungen entsprächen den unterschiedlichen Lebensverhältnissen. Im nächsten Jahr werde die Bemessung aber überprüft, wenn die neue Einkommens- und Verbrauchsstichprobe des Statistischen Bundesamtes vorliege.

Göring-Eckardt bezeichnete die Differenz von 14 Euro beim Alg II in der Thüringer Allgemeinen als „absurd“. Dies sollte aufgehoben werden. Alle Änderungen an Hartz IV müssten zum 1. Juli 2005, spätestens aber zum Jahresbeginn 2006 in Kraft treten. Verbesserungen seien auch bei den Möglichkeiten eines Zuverdienstes bei Mini-Jobs erforderlich, so die Grünen-Politikerin, die auch der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland angehört. Der SPD-Arbeitsmarktexperte Klaus Brandner kündigte in der Berliner Zeitung eine Überprüfung der unterschiedlichen Regelsätze an; es könne auch eine stufenweise Angleichung geben.