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Archiv-Artikel

Spionage für Papa verboten

Dem Vaterschaftsnachweis aus dem Regal droht das Aus. Heimliche Tests sind künftig nicht mehr erlaubt – so will es der Entwurf für das Gentest-Gesetz

VON WOLFGANG LÖHR

Erwartet wurde es schon lange. Das Gentest-Gesetz. Seit über zwei Jahren war aus den Reihen von Rot-Grün in regelmäßigen Abständen zu hören: „Demnächst wird ein Entwurf vorliegen.“ Jetzt ist das Papier aus dem Gesundheitsministerium, mit dem außer in der Strafverfolgung der ganze Bereich der humangenetischen Tests und Analysen gesetzlich geregelt werden soll, endlich da. Inoffiziell zumindest. So manch ein Industrieverband hat auch schon reinschauen dürfen. Der Verband der Diagnostica-Industrie (VDGH) etwa hat vor kurzem eine erste Stellungnahme abgegeben. „Richtungsweisend“ sei der Gesetzentwurf, lobt der VDGH.

Aus den Reihen der Unternehmen, die mit Vaterschaftstests ihr Geld verdienen, hagelt es dagegen Proteste. Denn wie bereits mehrfach sowohl von Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) als auch von Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorab ankündigt worden war, soll endlich Schluss sein mit den heimlichen Vaterschaftstests.

Genetische Untersuchungen zur Aufklärung der Abstammung dürfen nur vorgenommen werden, wenn alle von der Untersuchung betroffenen Personen vorab zustimmen, heißt es zusammengefasst in Paragraf 21 des Gesetzentwurfs. Sowohl das Kind, dessen Abstammung geklärt werden soll, als auch die Mutter, der gesetzlich eingetragene Vater und auch der „Mann, dessen genetische Probe auf die Vaterschaft hin untersucht werden soll“, müssen ihre Einwilligung für den Test abgeben. Bisher ist es – bei einigen Unternehmen zumindest – Usus, auf die Zustimmung aller Beteiligten zu verzichten.

Das in Frankfurt am Main ansässige Unternehmen Humatrix musste deshalb auch schon vor Gericht erscheinen. Ein Konkurrent hatte die Biotech-Firma, die von sich selbst behauptet, „einer der führenden Anbieter von Abstammungsnachweisen zwischen nahen Verwandten“ zu sein, wegen Wettbewerbsverstoßes verklagt. Der Vorwurf: Humatrix würde Vaterschaftsnachweise ohne Zustimmung der Mutter durchführen. Dies sei ein Verstoß gegen den Datenschutz und verletze die Grundrechte des Kindes. Das Landgericht München gab der Frankfurter Firma jedoch Recht. Ein Mann habe das Recht zu erfahren, ob ein Kind von ihm abstamme, urteilte das Gericht. Zudem sei ein heimlicher Abstammungstest für das Wohl des Kindes weniger schwerwiegend als der über ein Gericht erzwungene. Humatrix, das seine Probenabnahmekits auch schon über die Apotheken vertreibt, sieht daher auch keinen Grund, von seiner bisherigen Praxis abzuweichen. Das Geschäft jedenfalls scheint zu florieren. Mittlerweile werben Vaterschaftsnachweisfirmen auch schon auf Papierhandtüchern in Kneipenklos.

Doch nicht alle Gerichte sehen das Geschäftsgebaren der Unternehmen so kritiklos wie das Münchner Landgericht. So kam in Köln das Oberlandesgericht in einem ähnlichen Fall zu einem ganz andere Ergebnis. Es wies die Klage eines an seiner Vaterschaft zweifelnden Mannes mit dem Hinweis auf das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Kindes ab. Wer Rechte verletzt, kann keine Rechte für sich geltend machen, so die Richter. In einem Fall in Celle akzeptierte das Oberlandesgericht deswegen nicht einmal einen heimlich durchgeführten Abstammungstest für eine Vaterschaftsanfechtungsklage eines Mannes. Die Kammer fand also die Zustimmung zur Probe wichtiger als die Tatsache, dass er laut der Probe nicht der Vater war.

Humatrix argumentiert genau umgekehrt. Das Unternehmen zitiert einen Frankfurter Anwalt, der das generelle Verbot privater Vaterschaftstests als mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung des Mannes nicht vereinbar bezeichnet. Schließlich habe jeder Vater ein Recht zu wissen, ob ein Kind wirklich von ihm sei. Dass damit die Rechte des Kindes verletzt werden, scheint Humatrix dabei nicht zu interessieren.