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Archiv-Artikel

Genpflanzen verkümmern

Erfolg für Genskeptiker: Ein Bürgermeister in Frankreich verbietet den Anbau der Designerpflanzen – und ein Gericht gibt ihm Recht. 1.000 Gemeinden wollen nachziehen

PARIS taz ■ Philippe Bedel wollte „ein Zeichen setzen“. Der Bürgermeister von Bax, einem 90-Seelen-Dorf südwestlich von Toulouse, hat den Anbau von genmanipulierten Pflanzen auf seinem Gemeindeland verboten. Zum Schutz der örtlichen Bio-Landwirtschaft. Seit das Verwaltungsgericht in Toulouse seinen Entscheid in der vergangenen Woche für rechtens erklärt hat, melden sich täglich neue BürgermeisterInnen in Frankreich zu Wort. Auch sie wollen ihre Gemeinden zu „genpflanzenfreien“ Zonen erklären.

Bax, das sind zehn Häuser um eine Kirche und knapp ein Dutzend Bauernhöfe auf dem umgebenden Land. Genmanipulierte Pflanzen werden in Bax nicht angebaut. Aber die örtlichen Biobauern, darunter Bürgermeister Bedel, wurden hellhörig, als im vergangenen Jahr in ihrer Region Volvestre immer mehr Freilandversuche mit genmanipuliertem Mais starteten. In diesem Jahr kam die Aussaat von genmanipulierten Futterwiesen hinzu. „Das ist besonders gefährlich“, sagt der Bürgermeister, „denn der Pollen kann sehr weit fliegen.“ Prophylaktisch erließ er am 18. Mai ein Dekret, das jeden Anbau von Genpflanzen in Bax und im Umkreis von drei Kilometern verbietet.

Der Präfekt der Haute-Garonne, der örtliche Vertreter der Regierung in Paris, reagierte umgehend. Er verklagte den Bürgermeister auf Rücknahme des „illegalen“ Dekretes. Doch das Verwaltungsgericht wies den Staat in seine Grenzen. Der Bürgermeister sei sehr wohl kompetent, entschied es: er habe das Recht, seine Bevölkerung zu schützen. Und es gäbe Risiken bei der Koexistenz zwischen traditioneller Landwirtschaft und genmanipulierten Pflanzen. Bürgermeister Bedel will demnächst eine Vereinigung von Bürgermeistern gründen, die den Anbau von Genpflanzen verbieten. Schon in den vergangenen Monaten haben mehr als 1.000 Gemeinderäte im ganzen Land ihre Gen-Gegnerschaft erklärt. Viele von ihnen fühlen sich jetzt zu Verboten ermuntert. Corinne Lepage, die Umweltministerin einer rechten Regierung war und den Bürgermeister von Bax vor Gericht verteidigt hat, jubiliert: „Das Urteil ist ein Sieg für all jene, die eine gesunde Landwirtschaft verteidigen.“

Parallel zu dem administrativen Streit in Bax finden in anderen Gegenden Frankreichs beinahe wöchentlich kollektive Genpflanzen-Ausreißaktionen statt. Ganze Busladungen voller GegnerInnen reisen dazu mit Macheten zu den Experimentierfeldern großer Saatguthersteller. Das letzte Stelldichein dieser „faucheurs d’OGME“ – Genpflanzen-Schnitter – war in dem südwestfranzösischen Verdun-sur-Garonne. Dort waren am 27. Juli 1.500 Schnitter auf einem Maisfeld aktiv. Die drei prominentesten unter ihnen – ein grüner Europaabgeordneter, ein grüner französischer Parlamentarier und der Bauerngewerkschafter José Bové – sind von der Gendarmerie vorgeladen. Ihnen drohen Verfahren wegen „gemeinschaftlicher Verletzung privaten Eigentums“, bis zu fünf Jahre Gefängnis und 75.000 Euro Buße. Die „Genpflanzen-Schnitter“ beeindruckt das nicht. Im Web erklären immer mehr Menschen ihren „zivilen Ungehorsam“.

DOROTHEA HAHN