piwik no script img

Archiv-Artikel

Umweltdiplomat trifft auf Öko-Dissidenten

Klaus Töpfer und Björn Lomborg streiten über Klimaschutz und werfen sich „Zynismus“ und einen „Röhrenblick“ vor

MAINZ taz ■ Ex-Umweltminister Klaus Töpfer gab sich Mühe, höflich zu bleiben. Diplomatie hat der Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep) auf dem internationalen Parkett gelernt. Dabei sorgte sein Gesprächspartner, der dänische Umwelt-Dissident Björn Lomborg, am Montagabend an der Mainzer Gutenberg-Universität sichtlich für Verwirrung.

Er rannte ums Redepult, gestikulierte und versuchte sich in US-amerikanischer Suggestionstechnik: „Alles wird immer besser!“ Die Politik müsse nur ihren „Röhrenblick“ aufgeben und einsehen, dass der Klimaschutz auf der langen Liste der Weltprobleme eine Marginalie sei.

Lomborgs Fazit an diesem Abend lautete: Alles regelt sich von selbst. Die Armen vernachlässigen den Umweltschutz erst einmal, um mehr Wohlstand zu erreichen. Dafür müssen sie eben „ein bisschen mehr husten“. Erst mit wachsendem Lebensstandard steige der Bedarf nach sauberer Umwelt, den sie sich dann „auch kaufen werden“.

Er wandte sich gegen die „Chemieangst“ der Umweltschützer, Diese fördere nämlich Krankheiten und Hunger. Lomborg setzte auf die kurzfristige Umleitung der Entwicklungshilfe, die zuerst für althergebrachte Gesundheitsprogramme, zur direkten Bekämpfung von Aids, Malaria, für Vitamine für Hungernde eingesetzt werden müsse.

Töpfer gab Lomborg insofern Recht, als dass die Verteilung des Reichtums in der Welt ungerecht sei: „Das ist keine Revolution, das ist Friedenspolitik.“ Den meisten Thesen wollte er aber nicht folgen. Auch nicht der Fülle der Binsenweisheiten, die dieser dem Publikum vorlegte: „Ich würde mich nicht trauen, das an einer Universität zu sagen.“

Nicht, dass Geld eben nicht „zweimal ausgebbar“, nicht, dass der Mensch nun einmal egoistisch sei. Und er verzichtete auf Beantwortung der stereotyp wiederholten Frage, ob es nicht besser sei, „vielen jetzt viel Gutes zu tun statt später wenigen viel weniger Gutes?“

Töpfer warf Lomborg Zynismus und Kurzsichtigkeit vor. Nicht alles sei in Geldeswert und statistische Effektivität umzurechnen. Viele der menschlichen Probleme seien hausgemacht und hätten mit langfristiger Planung vermieden werden können. Klimaveränderungen träfen mit dauerhaft irreversiblen Schäden langfristig vor allem die Entwicklungsländer.

Der frühere Bundesumweltminister zeigte sich besorgt, dass Lomborgs einfache Rezepte nur der Beruhigung dienten und die „reichen Verursacher des Leids“ aus der Verantwortung entließen. Auf Dauer, so Töpfer, gebe es „keine Gewinner und Verlierer, sondern nur Verlierer“.

HEIDE PLATEN