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Archiv-Artikel

renewables 2004 Die vielfältigste aller Energien: Biomasse

Am 1. Juni beginnt in Bonn die Internationale Konferenz für erneuerbare Energien – „Renewables 2004“. Regierungsvertreter aus 150 Staaten wollen einen Aktionsplan beschließen. Ziel ist, ab dem Jahr 2050 die Hälfte des Weltenergieverbrauchs aus regenerativen Quellen zu decken. In ihrer Serie erklärt die taz, welche Quellen und Potenziale es gibt.

Mit dem Lagerfeuer fing alles an. Nicht nur das: Keine andere der erneuerbaren Energien birgt eine solche Vielfalt wie die Biomasse. Die einsetzbaren Rohstoffe sind vielfältig, die Technologien ebenso wie die Produkte – von Strom über Wärme bis Treibstoff. Entsprechend groß sind die Potenziale in den unterschiedlichen Teilen der Erde.

Die traditionellste Form der Nutzung von Biomasse ist die Verbrennung von Holz. Während in vielen Ländern bis heute Stückholz genutzt wird, beginnt in den Industrieländern eine Renaissance des Holzes auf Basis automatisierter Feuerung. Als daumengroße Holzhackschnitzeln oder Pellets in Pillengröße wird der historische Brennstoff heute in großen Heizwerken ebenso eingesetzt wie in kleinen Wohnzimmerheizungen.

Zu den bekannteren Formen der Bioenergie zählen ferner Pflanzenöle, speziell Rapsöl. Dieses wird entweder als naturbelassenes Öl oder als chemisch veränderter Biodiesel bevorzugt für Fahrzeugmotoren verwendet. In Deutschland gibt es Forschungsprojekte, die sich mit so genannten Designerkraftstoffen beschäftigen – Treibstoffe, die durch Vergasung aus Holz gewonnen und anschließenden verflüssigt werden.

Des weiteren ist die Vergärung von Biomasse und damit verbundene Erzeugung von Biogas ein großes Thema. Gerade Gülle und Fäkalien aus der Tierhaltung bieten sich hierfür an. Die Exkremente werden in einem Tank unter Ausschluss von Sauerstoff („anaerob“) vergoren. Dieser bakterielle Prozess erzeugt ein Gas, das zu rund 60 Prozent brennbares Methan enthält. So können Kleinkraftwerke betrieben, und Strom und Wärme gewonnen werden. Setzt man auch Bioabfälle aus der Lebensmittelverarbeitung oder nachwachsende Rohstoffe (Grasschnitt etwa) zu, so kann der Ertrag deutlich gesteigert werden.

Aufgrund der Vielfalt des Rohstoffs kommt bei der Biomassenutzung das gesamte Spektrum der Energietechnik zum Einsatz. Vom einfachen Heizofen bis zur Gasturbine, vom Otto- und Dieselmotor bis zur Brennstoffzelle gibt es keine Technologie, die sich nicht auch für biogene Rohstoffe eignet. Dennoch wird Biomasse noch wenig genutzt. Nach Schätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) lag ihr Anteil am weltweiten Primärenergieverbrauch zuletzt bei 11 Prozent – mit leicht steigender Tendenz. In der EU decken Bioenergieträger gerade etwa 3,5 Prozent des Energieverbrauchs.

Aus wirtschaftlicher Sicht könnte der Anteil deutlich höher liegen. Denn die Kosten einer Kilowattstunde Strom aus Biomasse liegen nach Angaben der IEA etwa in gleicher Höhe wie bei Erzeugung mittels Kleinwasserkraft. Und Wärme aus Biomasse ist auch im Wettbewerb mit den fossilen Energien längst wettbewerbsfähig.

Schwierig abzuschätzen ist aufgrund der Vielfalt das weltweit nutzbare Biomassepotenzial. Die IEA zitiert verschiedene Studien, deren Spektrum von 33 bis über 1.300 Exajoule (10 hoch 18 Joule) jährlich reicht. Nimmt man einen mittleren Wert als realistisch an, könnte – theoretisch – der gesamte Weltenergieverbrauch von gut 400 Exajoule komplett durch (nachhaltig gewonnene) Biomasse gedeckt werden. BERNWARD JANZING