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Archiv-Artikel

Studium ist echtes Gold wert

Ab dem kommenden Sommersemester muss jeder dritte Studierende in NRW Gebühren zahlen. Revier-Hochschulen rechnen mit hohen Abbrecherquoten. Bald muss vielleicht jeder mehr zahlen

VON ELLEN REGLITZ

Studieren wird in NRW teurer, und das nicht nur für Bummler. Ab dem Sommersemester bekommen alle Studierenden ein Studienkonto, das jeder Dritte bereits jetzt überzogen hat und deshalb pro Semester 650 Euro an Gebühren berappen soll. Die Hochschulen rechnen mit gewaltigen Verlusten an Studierenden.

An der Universität Duisburg-Essen muss jeder dritte Studierende Gebühren zahlen. An der Universität Münster sieht die Situation ähnlich aus. „Wir haben 9.750 Bescheide an Studierende verschickt, die damit aufgefordert sind, Studiengebühren zu zahlen“, sagt Norbert Frie, Pressesprecher der Universität Münster. Insgesamt sind bisher rund 44.000 Studierende an der Uni eingeschrieben, ungefähr jeder Vierte ist also betroffen. Etwa 2.000 von ihnen haben bereits Widerspruch eingelegt, nur Wenige haben Aussicht auf Erfolg. Noch steht nicht fest, wie viele Studis der Uni tatsächlich verloren gehen, doch Frie ist sicher: „Die Exmatrikulationszahlen werden in diesem Semester deutlich höher ausfallen, als üblich.“

Weniger Studis bedeuten weniger Einnahmen für die Studentenwerke, den Hochschulsport, die Allgemeinen Studierendenausschüsse (ASten) und die Verkehrsverbünde. Die Folge: Das Essen in der Mensa, Gebühren für sportliche Aktivitäten und Semestertickets könnten teurer werden. „Die sozialen und politischen Belange aller Studierenden werden leiden“, vermutet Frie. Damit würden nicht nur Studierende, die die 1,5-fache Regelstudienzeit überschritten haben, über 60 Jahre alt sind oder ein Zweitstudium absolvieren zur Kasse gebeten, sondern alle Studierenden.

Das Verfahren der Studienkonten ist nicht ausgereift, findet Ernest Hammerschmidt, Koordinator des Landes-ASten-Treffens. Die ASten rufen betroffene Studierende dazu auf, gegen den Gebührenbescheid zu klagen. „Juristisch argumentieren wir vor allem mit dem Vertrauensschutz“, so Hammerschmidt. Dahinter steckt die Tatsache, dass den Studierenden zu Beginn ihres Studiums Gebührenfreiheit zugerechnet wurde, egal, ob sie ein Zweitstudium antreten, wie lange sie studieren oder wie alt sie sind. Das Land habe das Vertrauen der Studierenden missbraucht. Außerdem seien die Bonusregelungen nicht ausreichend. Wer sich zum Beispiel neben dem Studium in Hochschulgremien engagiert oder Kinder hat, bekommt ein paar Semester auf seinem Studienkonto gut geschrieben. Viel zu wenig, wie Hammerschmidt meint. „Für die Kindererziehung werden maximal vier Semester gut geschrieben, sechs Semester wären mindestens nötig.“

Das Wissenschaftsministerium in NRW sieht den Klagen der Studierenden gelassen entgegen. „Seit anderthalb Jahren ist bekannt, dass es Studienkonten geben soll, die Studierenden hatten genug Zeit, sich darauf vorzubereiten“, sagt Sprecherin Isabelle Lorenz. Außerdem gäbe es die Härtefallregelungen, die keineswegs unzureichend seien. „Wir bieten mit unserer Informationskampagne auch eine umfassende Beratung“, so Lorenz.

Wer aber kein Härtefall ist, muss zahlen oder das Studium an den Nagel hängen. Die Universitäten und ASten gehen davon aus, dass die letzte Möglichkeit die einzige für viele Studierende ist.