: Hilfe im Berater-Dschungel
Der Berufsverband der Supervisoren bemüht sich seit 1989 um Qualitätskontrolle, die Coacher ziehen jetzt nach. Dem Ratsuchenden hilft dies, sich auf dem unübersichtlichen Terrain vielfältiger Angebote zurechtzufinden
von Anne Schemann
Bei einem Installateur ist die Sache einfach. Er beschäftigt sich vor allem mit Gas- und Wasserleitungen – und das lässt wenig Interpretationsspielraum. Ganz anders der Supervisor. Laut Wörterbuch beinhaltet dessen Arbeit „Überwachung und Leistungskontrolle“, wahlweise auch „Praxisberatung“. Auch die Supervisoren selbst finden sehr unterschiedliche Definitionen für ihre Profession.
Das Problem ist, dass die Bezeichnung „Supervisor“ im Unterschied zum „Installateur“ nicht geschützt ist, weshalb auch im Lexikon nur schwammig von „meist besonders ausgebildeten, auch Fachkräften“ die Rede ist. Im Klartext heißt das: Jeder kann sich selbst zum Supervisor ernennen, auch wenn er gar nicht über eine entsprechende Ausbildung verfügt. Für Coacher gilt das Gleiche.
Suchbewegung im Supervisions-Dschungel
Die Deutsche Gesellschaft für Supervision (DGSv) versucht seit 1989 Licht in den „Supervisions-Dschungel“ zu bringen, die Ausbildung zu strukturieren, die Weiterbildung zu organisieren –und klare Qualitätsstandards zu schaffen. Manfred Leppers, Referent bei diesem Berufs- und Fachverband, hat dann auch prompt eine griffige Definition parat: „Supervision ist berufsbezogene Beratung.“ Berufsbezogen deshalb, weil Supervision „nicht den Anspruch hat, die Persönlichkeit zu heilen“. Im Mittelpunkt stehe vielmehr „die berufliche Identität“. Beim Coaching sei das ähnlich, bei einer Therapie dagegen grundsätzlich anders. Für den Klienten bleibt daher zunächst die Schwierigkeit, sein Anliegen „richtig“ zuzuordnen. Während auch der Laie einen Rohrbruch erkennen kann, weil er nasse Füße bekommt, ist das mit beruflichen Problemen schwieriger. Ab welchem Punkt ist Hilfe nötig?Wer ist dann der beste Ansprechpartner? Ein Supervisor? Ein Coach? Ein Therapeut?
Bei eindeutig privaten Problemen rät Leppers zur Therapie. Innerhalb der berufsbezogenen Beratung seien die Grenzen jedoch fließend. Coaching werde aber vor allem von wirtschaftlichen „Leitungskräften“ in Anspruch genommen. Es sei „direktiver und in kürzeren Abständen effektiv messbar“, erklärt er. Supervision müsse dagegen eher „reflektierend“, praktisch als „gemeinsame Suchbewegung“ verstanden werden.
Was gute Berater von Wildwuchs unterscheidet
Egal, für welche Beratungsform sich der Suchende entscheidet, es bleibt die Schwierigkeit, einen qualifizierten Berater zu finden. Coach-Ausbilder Christopher Rauen warnt: „Es gibt viel Wildwuchs in der Branche.“ Wenn er sehe, wer sich alles Coach nenne, werde ihm „manchmal richtig Angst und Bange“. Bei Supervisoren verweist Leppers auf die Mitgliedschaft in der DGSv, die einem Qualitätssiegel gleichkomme: „Man muss eine Ausbildung an einem anerkannten Institut nachweisen.“ Dazu ein Studium sowie fünf Jahre Berufserfahrung. Außerdem verpflichten sich die Mitglieder zur regelmäßigen Weiterbildung. Ob diese Auflage dann auch tatsächlich erfüllt wird, will der Verband nun verschärft kontrollieren – seit April 2003 wird ein „Qualitätssicherungsverfahren“ erprobt. Die Teilnehmer können jedes Jahr zwischen zehn Fortbildungstagen, einem „Qualitätsgespräch“ mit Kollegen oder einer Fach-Veröffentlichung wählen, um die eigene Weiterbildung zu dokumentieren. Veronika Mike-Felling, Sprecherin der DGSv-Regionalgruppe Hamburg, ist von dem dreijährigen Pilotprojekt sehr angetan: Es reiche eben nicht aus, nur einmal eine „Eintrittskarte“ zu lösen, nach dem Motto: „vor zehn Jahren was gelernt, und dann nie wieder was gemacht“. Auch dem Supervisor helfe eine regelmäßige Supervision.
Dem Klienten bietet die DGSv laut Leppers nicht nur „größtmögliche Sicherheit“. Auf der Homepage des Verbandes (www.dgsv.de) könne der Ratsuchende auch „ein eigenes Profil“ erstellen, erklärt er stolz. Der Praxistest zeigt: Fühlt sich ein Lehrer an seiner Schule gemobbt, so findet er über die Suchmaske tatsächlich eine passende Ansprechpartnerin. Ein Jurist mit dem gleichen Problem würde dagegen nicht fündig, was belegt, dass die Datenbank immer noch einige Lücken aufweist.
Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser
Mindestens ebenso wichtig wie das passende Spezialgebiet und Supervisions-Konzept ist, laut Leppers, aber ohnehin, „dass die Chemie stimmt“. Das zeige sich in der Regel bereits beim Erstgespräch. Wer auf Nummer sicher gehen will, dem rät die DGSv, sich anschließend einen schriftlichen Vertrag, einen „Kontrakt“, geben zu lassen, in dem Vorgehen und Beratungsziele genau definiert sind. „Drei oder vier Sitzungen“ könne es dann schon dauern, bis sich erste Beratungserfolge zeigten, schätzt Leppers. Wenn bis dahin nichts passiert sei, laufe aber „irgendwas falsch“. Grundsätzlich lässt sich ein ausbleibender Therapieerfolg natürlich schwer belegen – auch das wäre bei einem tropfenden Wasserhahn einfacher. Die DGSv hat daher vor einem Jahr eine eigene Beschwerdestelle eingerichtet – für Klienten, die sich falsch oder unethisch behandelt, etwa persönlich belästigt fühlen.
Dass eine Qualitätskontrolle not tut, hat auch die Coaching-Szene längst erkannt. Christopher Rauen erklärt: „Jeder Fall, in dem ein Klient ausgenutzt oder geschädigt wird, ist praktisch ein Sargnagel für die ganze Branche.“ Mitte Januar dieses Jahres gründete er daher mit Kollegen den „Deutschen Bundesverband Coaching“ (www.dbvc.de). Bis zum 15. April sollen die Aufnahme-Kriterien ausgearbeitet sein. Das Verbandsziel verrät Rauen aber schon heute: „Wir wollen keine reine Selbstzertifizierung betreiben, sondern wirklich die Qualität erhöhen.“ Und weil Coaching nun mal nur als gleichberechtigte Beratungsbeziehung funktioniere, säßen im DBVC neben Coaches, Ausbildern und Wissenschaftlern auch Unternehmer – die künftigen Klienten – mit am Tisch.