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Archiv-Artikel

„Hass hier nicht akzeptieren“

Der Exil-Iraner Mohammed Schams fordert von der Bundesregierung kritischeren Umgang mit der Al-Quds-Demonstration – auch wenn sie vom Iran unterstützt wird

taz: Herr Schams, Sie organisieren seit Jahren den Protest gegen die Al-Quds-Demonstration in Berlin. Warum?

Mohammed Schams: Der Begriff „al-Quds“ hat bei den Iranern eine andere Bedeutung als in der deutschen Öffentlichkeit: Während der Widerstand gegen den radikalen Islam bei den Deutschen auf einer intellektuellen Ebene stattfindet, die nichts mit unmittelbarer Betroffenheit zu tun hat, erinnert der Begriff uns Iraner immer an den Iran-Irak-Krieg. Der wurde unter der Parole „al-Quds“, also der Wiedereroberung Jerusalems, geführt und hat zu Millionen von Toten geführt. Diese Hasstiraden, diese Instrumentalisierung der Religion will ich deshalb hier nicht akzeptieren.

Es geht Ihnen also weniger um den Antisemitismus, den die Veranstalter offen zur Schau tragen, als um eine Kritik am iranischen Regierungssystem?

Auf keinen Fall. Der Antisemitismus ist ja der Dreh- und Angelpunkt bei dieser ganzen Sache: Man stellt mit ihm die Existenz anderer Völker, anderer Menschen in einer ganz brutalen Form in Frage. Dem muss man ganz massiv begegnen – auch wenn wie in diesem Fall die iranische Regierung hinter dem Demo-Aufruf steht.

Dann müsste sich Ihre Kritik auch gegen die Bundesregierung richten. Trotzdem haben Grünen-Politiker wie die Grünen-Chefin Angelika Beer den Aufruf unterzeichnet.

Wir haben immer dagegen protestiert, dass die Bundesregierung mit dem Mörderregime im Iran kokettiert. Der so genannte kritische Dialog hat sich als eine Farce entpuppt. Die demokratischen Kräfte formieren sich schon lange außerhalb der Regierung von Präsident Chatami. Deshalb wollen wir keine Unterstützung für die Regierung von Seiten der europäischen Regierungen und damit auch der Bundesregierung. Wir wünschen uns eine größere Sensibilisierung – auch im Fall der Al-Quds-Demonstration, die eindeutig von iranischer Seite aus organisiert und unterstützt wird.

Warum bekommt die Demo dieses Jahr so viel mehr Aufmerksamkeit als bisher?

Ich denke, es gibt heute eine breitere gesellschaftliche Sensibilisierung für Antisemitismus auf der einen und islamischen Extremismus auf der anderen Seite. Gleichzeitig haben wir uns besser vernetzt. Die Sympathie, die wir heute erfahren, resultiert aber auch daraus, dass wir ganz gezielt Einzelne angesprochen haben, uns zu unterstützen.

Hatte die bisherige Akzeptanz des radikalen Islam auch etwas mit falsch verstandener Toleranz zu tun?

Nein, es geht nicht um Toleranz. Aber die Linke, sowohl im Ausland als auch hier in Deutschland, hat ein ganz großes Problem: Sie ist in weiten Teilen antiamerikanisch und antiisraelisch eingestellt. Und das ist unheimlich schwer aus den Köpfen herauszubekommen. Wir hatten deshalb große Probleme, Leute zu aktivieren. Denn das zieht sich bis in die Reihen der Bundesregierung. Aber wir dürfen den Kampf gegen den radikalen Islam auf keinen Fall nur aktiven Migrantengruppen überlassen.INTERVIEW: SUSANNE AMANN

Hinweis: MOHAMMED SCHAMS, 53, organisiert seit acht Jahren den Widerstand gegen die Al-Quds-Demonstration in Deutschland. Der gebürtige Iraner lebt seit 1969 in der Bundesrepublik