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Archiv-Artikel

UM JITZHAK RABIN ZU TRAUERN FÜHRT NICHT AUTOMATISCH ZUM FRIEDEN Ein Signal. Mehr nicht

Die Mutter des Rabin-Mörders Igal Amir hatte vermutlich Recht: Angenehme Temperaturen und viele Popstars haben ohne Zweifel dazu beigetragen, dass am Samstagabend 100.000 Leute im Namen des Friedens zusammenkamen – die größte Zahl seit dem Mordanschlag. Dennoch: Auch das schönste Wetter und die beste Musik hätten diese Menschen nicht zu einer von der heutigen Regierung organisierten Veranstaltung getrieben.

Das massenhafte Gedenken an Jitzhak Rabin ist zuallererst eine Reaktion auf die von Premierminister Ariel Scharons Kabinett zu verantwortende katastrophale Situation im Land: dem Ausbleiben der versprochenen Sicherheit und des Friedens sowie der sich daraus ergebenen Wirtschaftsnot. Eine Misere, die Einheit im Volk verlangt, um überwunden werden zu können – so betonen die Regierenden und erinnern daran, dass Rabin auch Opfer einer zunehmenden Polarisierung wurde, weil er sich seiner politischen Widersacher im eigenen Land zu wenig angenommen hatte. Seine Erben haben diese Lektion gelernt. Es ist abstrus, wenn Schimon Peres von der Bühne herabruft: „Rabins Weg hat gesiegt“ – schließlich hatte er selbst vom Dialog mit den Palästinensern gelassen. Zugunsten des letztendlich gescheiterten Versuchs, eine Lösung mit Syrien zu erreichen. Die Einsicht, auf palästinensischer Seite gäbe es keinen Partner für den Friedensprozess, kam zuallererst von der Arbeitspartei, die sich nach verlorenen Wahlen als Stütze derer im Kabinett wiederfand, die sie bis heute noch immer viel zu zaghaft verurteilt.

Es bedarf keiner radikalen Haltung, um sich zwei Stunden lang Träumen von einem Frieden hinzugeben, der ohne den Todesschützen bestimmt gekommen wäre. Auch wenn das Signal „Wir sind zum Frieden und zu Kompromissen bereit“ nicht abgetan werden soll – es wird für Veränderungen nicht reichen. Demonstration gegen die Trennanlagen und die Enteignung palästinensischen Landes, gegen die Exekutionen auch politischer palästinensischer Führer oder für die Aufgabe jüdischer Siedlungen locken nach wie vor keine Massen auf Israels Straßen. SUSANNE KNAUL