: „Zweifel an Fähigkeit Scharons“
Eine Mehrheit der Israelis scheint die Drohungen gegen Arafat zu unterstützen. Beobachter vermuten vor allem ein politisches Manöver des Regierungschefs
JERUSALEM taz ■ Die jüngste Umfrage der auflagenstärksten Tageszeitung Yediot Achronot könnte kaum aufschlussreicher sein: 60 Prozent der Bevölkerung treten für eine Liquidierung oder Ausweisung von Palästinenserpräsident Jassir Arafat ein, doch nur 27 Prozent glauben, dass ein solcher Akt den Terror mindern würde. Etwa der gleiche Anteil der Befragten rechnet sogar mit einer Verschlimmerung der Sicherheitslage.
Der politische Analyst Seew Schiff von der liberalen Tageszeitung Ha’aretz schreibt, dass die am Wochenende getroffene Entscheidung des Sicherheitskabinetts, „Zweifel über die Fähigkeit (der Regierung) aufkommen lässt, die aktuelle, blutige Krise zu handhaben“. Ähnliche Entscheidungen habe es früher gegeben, doch während die Sicherheitskräfte vor einem Wiederholungsfehler warnten, „entschieden die Politiker anders“. Seew Schiff fragt, ob Premierminister Ariel Scharon nicht lediglich dem rechtsnationalen Koalitionspartner beweisen wollte, dass der alte Plan an der US-amerikanischen Opposition scheitern würde.
Während die Militärs zunehmend die Folgen einer Operation gegen Arafat fürchten, scheint die Position mit Blick auf die Exekution von führenden Hamas- oder Dschihad-Aktivisten in Sicherheitskreisen weniger umstritten: „Die Zerschlagung der islamischen Fundamentalisten ist Vorbedingung für eine Wiederaufnahme politischer Verhandlungen“, schreibt Ex-Mossad-Chef Schabtei Schavit, der glaubt, dass der „Konflikt zwischen der westlichen und der islamischen Zivilisation“ ein rein „religiöser“ ist.
Josef Paritzky, Minister für Nationale Infrastruktur aus der Schinui-Partei hält in Bezug auf Arafat weder Liquidierung noch Exil für für eine geeignete Maßnahme. „Sollte wirklich noch jemand daran zweifeln, dass er nicht auch im Ausland die Zügel in der Hand hält“, fragt er ungläubig und erinnert an die Zeit des PLO-Chefs in Tunesien. Solange Arafat jedoch in „geografischer“ Reichweite ist, bliebe Israel die Option offen, „auf die eine oder andere Art mit ihm erneut in Verhandlungen zu treten“.
SUSANNE KNAUL