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Archiv-Artikel

Mamas Baby. Papas vielleicht.

Die Bundesregierung will heimliche Vaterschaftstests verbieten. Die Gentests sollen künftig nur noch mit Zustimmung der Mutter zulässig sein

von CHRISTIAN RATH

Ein Wattestäbchen genügt. Man reibt es mehrfach an der Wangeninnenseite, und schon hat man die Probe für einen Abstammungstest. Ein Q-Tip für Vati und eines für das Kind – und die Mutti darf davon nichts wissen. Die Probe wird ans Labor geschickt, und nach wenigen Tagen weiß der Auftraggeber, ob er oder ein anderer Vater des Kindes ist. Die Sicherheit liegt über 99 Prozent.

Damit soll bald Schluss sein. Die Bundesregierung will heimliche Vaterschaftstests verbieten. Künftig sollen private Tests nur noch möglich sein, wenn alle Beteiligten zustimmen. Gegen den Willen der Mutter liefe dann nichts mehr. So wird es im Referentenentwurf zu einem Gendiagnostikgesetz stehen, den Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD) im Herbst mit den anderen Ressorts beraten will. Dort geht es vor allem um diagnostische Tests und wie man ihren Missbrauch durch Arbeitgeber und andere Interessierte verhindert. Die Abstammungstests sind nur ein Randaspekt, auf den aber Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) großen Wert legt. Ihr Haus hat denn auch die strengen Paragrafen hierzu geliefert. Offen ist allerdings noch, ob heimliche Tests künftig als Straftat oder nur als Ordnungswidrigkeit gelten.

Im Moment sind die Vaterschaftstests in einer rechtlichen Grauzone. Viele halten sie heute schon für unzulässig, so etwa Brigitte Zypries: „Beim heimlichen Test werden Persönlichkeitsrechte des Kindes und der Mutter verletzt, gegen den Datenschutz wird auch verstoßen.“ In der Praxis haben die Behörden bisher aber noch nie interveniert.

Grund für die aktuelle Aufregung ist ein Urteil des Landgerichts München, das vor einigen Wochen ein Verbot heimlicher Gentests ablehnte. Zu beachten sei nämlich auch das „Grundrecht des tatsächlichen oder rechtlichen Vaters, zu erfahren, ob ein Kind von ihm abstammt“. Dabei greife ein heimlicher Test „wesentlich weniger schwerwiegend“ in das Kindeswohl ein als eine Auseinandersetzung vor Gericht. Geklagt hatte der Kölner Laborinhaber Jürgen Henke gegen die Münchener Firma Genedia. Henke wollte Genedia heimliche Tests verbieten, da es sich um „unlauteren Wettbewerb“ handele. Dies hat das Landgericht abgelehnt. Henke geht jetzt in die nächste Instanz.

Ein gerichtliches oder gesetzliches Verbot heimlicher Vaterschaftstests würde allerdings nur in Deutschland wirken, die Labors könnten ihr Geschäft relativ einfach ins Ausland verlagern. Dennoch dürfte der Markt zurückgehen, da vermutlich auch der Vater, der das Wattestäbchen einschickt, künftig mit Sanktionen rechnen muss.

Väter, die keine Alimente mehr zahlen wollen, müssten einen heimlichen Gentest spätestens vor Gericht offenlegen. Denn nach heutigem Familienrecht kann man die Vaterschaft nur innerhalb von zwei Jahren anfechten – nachdem Umstände bekannt wurden, „die gegen die Vaterschaft sprechen“. Nach der Geburt geht aber kaum ein Vater vor Gericht, auch wenn ihm das Kind nicht so ganz ähnelt. Deshalb muss die Zweijahresfrist derzeit durch eine private Untersuchung neu ausgelöst werden, notfalls heimlich. Daran will auch Brigitte Zypries nichts ändern. Auch künftig gibt es im Konfliktfall ohne heimliches Gutachten nicht einmal die Chance auf eine offizielle Untersuchung. Immerhin lässt Zypries den Vätern dieses Schlupfloch. Denn ein Verwertungverbot für rechtswidrig erstellte Vaterschaftstests ist derzeit nicht geplant. Wer Gewissheit will, muss eben Bußgeld oder Strafe zahlen.