: Missionar bezieht Stellung
Kardinal Ratzinger, Präfekt der katholischen Glaubenskongregation, ruft weltweit zum Kampf gegen die Homoehe auf. Homosexualität sei eine „Anomalie“. Kritiker werfen dem Vatikan „mittelalterlichen Dogmatismus“ und Engstirnigkeit vor
ROM/BERLIN dpa/ap/afp/taz ■ Der Vatikan hat katholische Politiker und Geistliche weltweit zum Widerstand gegen die Anerkennung gleichgeschlechtlicher Lebensgemeinschaften aufgerufen. Homosexualität sei „ein beunruhigendes moralisches und soziales Phänomen“ und eine „Anomalie“, hieß es in einem am Donnerstag veröffentlichten elfseitigen Papier, das der deutsche Kardinal Joseph Ratzinger als Präfekt der Glaubenskongregation unterzeichnete.
Es gebe „keinerlei Fundament“ dafür, eine Gleichförmigkeit zwischen homosexuellen Lebensgemeinschaften und „dem Plan Gottes über Ehe und Familie“ herzustellen, hieß es in Ratzingers Dokument weiter. Homosexuelle Beziehungen verstießen „gegen das natürliche Sittengesetz“. Homosexuelle Handlungen „entspringen nicht einer wahren affektiven und geschlechtlichen Ergänzungsbedürftigkeit“ und seien deshalb „in keinem Fall zu billigen“.
Als „Menschen verachtend“ kritisierte der Lesben- und Schwulenverband in Deutschland (LSVD) das Vatikandokument. „Das Papier zeugt von einem mittelalterlich anmutendem Dogmatismus“, sagte LSVD-Sprecher Klaus Jetz in Köln. Der parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, bezeichnete das Vatikanpapier zur gleichgeschlechtlichen Partnerschaft als „trauriges Dokument eines engstirnigen Fanatismus“. „Es ist ein Kardinalfehler, die Liebe zu bekämpfen“, sagte Beck. Die Deutsche Bischofskonferenz begrüßte dagegen das Dokument ausdrücklich. Die Legalisierung homosexueller Partnerschaften füge dem Allgemeinwohl schweren Schaden zu, erklärte ihr Vorsitzender Bischof Karl Lehmann.
Nicht alle, „die an dieser Anomalie leiden“, seien „persönlich dafür verantwortlich“, schreibt Kardinal Ratzinger weiter. Männern und Frauen mit derartigen Tendenzen müsse „mit Achtung, Mitleid und Takt“ begegnet werden. Wenn ein Gesetzentwurf zur Anerkennung der homosexuellen Gemeinschaften vorgelegt werde, „hat der katholische Parlamentarier die sittliche Pflicht, klar und öffentlich seinen Widerspruch zu äußern und gegen den Gesetzentwurf zu votieren“. Andernfalls begehe er eine „schwerwiegend unsittliche Handlung“.
Katholische Abgeordnete dürften auch nicht ruhen, wenn ein Gesetz schon in Kraft sei. Sie müssten, dem Vatikanpapier zufolge, Einspruch erheben, Widerstand leisten und Gesetzesvorschläge zur Schadensbegrenzung oder zur teilweisen Aufhebung unterstützen. Besonders scharf wendet sich das Ratzinger-Dokument dagegen, schwulen und lesbischen Paaren die Möglichkeit einzuräumen, Kinder zu adoptieren.
Prompt wurde in der CDU wieder Kritik an der Homoehe laut. Fraktionsvize Wolfgang Bosbach meinte, homosexuelle Partnerschaften dürften der Ehe nicht vollkommen gleich gestellt werden. Der nordrhein-westfälische CDU-Landesvorsitzende Jürgen Rüttgers wies dagegen die Aufforderung der Glaubenskongregation zum Widerstand katholischer Politiker gegen entsprechende Gesetze zurück. „Ich bin praktizierender Katholik. Aber es ist nicht meine Aufgabe, als Politiker den Leuten zu sagen, wie sie zu leben haben“, meinte Rüttgers. Die Evangelische Kirche in Deutschland sprach sich im Gegensatz zur katholischen Kirche für eine Verbesserung des Schutzes homosexueller Lebensgemeinschaften aus. GB
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