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Archiv-Artikel

Klassenzimmer ohne Kreuz und Kopftuch

Religiöse Symbole sollten in der Schule außen vor bleiben. Das muss vor allem auch für Lehrer gelten

Beim Steit ums Kopftuch, den Ferestha Ludin nun vor dem Bundesverfassungsgericht ausficht, wird von Seiten der Klägerin immer mit dem Gleichheitsgrundsatz argumentiert. Wenn die jüdische Kippa und das Kreuz – so die immer wieder zitierten Beispiele – in der Schule Platz finden, warum dann nicht das Kopftuch einer Muslimin? Das Kopftuch ist ein religiöses Symbol, wie Kreuz und Kippa auch. Religiöse Symbole, die immer auch religiöse Bekenntnisse sind, sollten in der Schule außen vor bleiben, und zwar gerade in der offenen Einwanderergesellschaft, wo unterschiedliche Weltanschauungen aufeinander prallen und Wertesysteme miteinander konkurrieren.

Vielleicht sollte man künftig über Schuluniformen nicht für Schüler, sondern für Lehrer diskutieren, damit es in der Schule nicht zum Wettstreit der bewusst zur Schau gestellten Bekenntnisse kommt. Denn der Lehrer, mag seine Autorität noch so angekratzt sein, hat immer noch mehr Einfluss auf die Köpfe der Schüler, als wenn Aisha von nebanan auf elterlichen Befehl das Kopftuch auch im Unterricht tragen muss. Religion wird nur allzu oft als Ideologie missbraucht. Das ist Fakt.

Natürlich ist es löblich und fortschrittlich, dass in unserem von der christlichen Tradition geprägten Kulturraum nun auch andere Religionen Öffentlichkeit eingeräumt wird: freie Religionsausübung – aber muss diese in der Schule stattfinden?

Statt die Diskussion nun auf der Ebene kultureller Toleranz und Ausdrucksfreiheit in der Schule zu führen, sollten man gerade in einer offenen Gesellschaft die Säkulariserung der Schule vorantreiben, die Trennung von Kirche und Staat ähnlich wie in Frankreich vollenden. Das würde die Diskussion auch um das interreligiöse Zusammenleben nach vorn bringen. Die Schule ist eine staatliche Institution, außer in Konfessionsschulen. Statt Religionsunterricht – egal welcher Religion – sollten Schulen interkulturellen Ethikunterricht anbieten, der über Religionen lehrt, ohne Gesinnung zu verbreiten. Ansonsten darf der konfessionelle Unterricht außerhalb der Schule in voller Freiheit und Gleichheit stattfinden.

Religion ist Privatsache. Privatsache ist auch, dass für Ferestha Ludin das Kopftuch Emanzipation bedeutet, ihr Recht auf Selbstbestimmung als Frau. Diese Sicht der Dinge sei ihr unbenommen. Sie kann in der Zeit, wo sie nicht unterrichtet, das Kopftuch tragen wie ein bekennender Christdemokrat das Parteiabzeichen. Schule jedoch muss ein weltanschaulich und poltisch neutraler Raum bleiben. Dass Ferestha Ludin ihren Akt der Emanzipation als Muslimin als politischen Kampf vor dem Bundesverfassungsgericht führt, macht die ganze Geschichte anrüchig. So muss sie sich gefallen lassen, in die Nähe radikaler islamischer Organisationen gerückt zu werden, denn diese funktionalisieren und unterstützen ihren Marsch durch die Instanzen allemal.

Egal wie groß ihre Nähe zu Milli Görüs ist, sie vertritt mit dem Tragen des Kopftuchs in der Schule eine radikal islamische Position wie sie tausende von Frauen in islamischen Ländern in einem Akt der Befreiung von religiös verbrämter Männerherrschaft hinter sich gelassen haben. Das Kopftuch widerspricht letzlich, wenn man es mit seinen weltlichen Konsequenzen ernst nimmt, dem gesetzlich verbrieften Gleichheitsgrundsatz zwischen den Geschlechtern in unserer Gesellschaft, weil es die Ungleichheit zwischen Mann und Frau betont. Und deshalb bewegt der Kampf ums Kopftuch stärker als die Frage, wann das Kreuz endlich ganz aus den Schulräumen verschwindet. EDITH KRESTA