: US-Strafen wegen Strafgericht
Weil sie sich weigern, mit den USA bilaterale Abkommen zum Schutz von US-Bürgern vor dem Internationalen Strafgerichtshof zu unterzeichnen, droht Washington 35 Ländern mit der Streichung der Militärhilfe. Am härtesten betroffen wäre Kolumbien
von BERND PICKERT
Pünktlich zum ersten Jahrestag des In-Kraft-Tretens des Rom-Statuts zum Internationalen Strafgerichtshof (IStGH) ist ein Ultimatum abgelaufen, das die US-Regierung allen Mitgliedsländern des Rom-Statuts gestellt hat. Mit dem Ultimatum sollten die Länder gezwungen werden, ein bilaterales Abkommen mit den USA zu unterzeichnen, mit dem sie ausschließen, US-amerikanische Staatsangehörige an den IStGH auszuliefern. Knapp 50 Länder haben solche Abkommen bislang unterzeichnet, zirka die Hälfte dieser Länder allerdings hat das Rom-Statut entweder nicht ratifiziert oder nicht einmal unterschrieben.
Ultimatum und Inhalt der zu schließenden Abkommen sind im so genannten American Servicemembers Protection Act (Aspa) festgeschrieben, einer vom US-Kongress in Gesetzesform gegossenen Handlungsanleitung für die Außenpolitik gegen den Internationalen Strafgerichtshof. Das Gesetz wurde im August 2002 von Präsident George W. Bush unterzeichnet. Es ermächtigt die US-Regierung sogar, notfalls mit militärischer Gewalt etwaige US-Bürger aus dem Zugriff des Internationalen Strafgerichtshofes in Den Haag zu befreien.
Jetzt sind etwa 35 Länder von den Sanktionen bedroht, die der Aspa für Länder vorsieht, die ein bilaterales Abkommen verweigern – ihnen soll die Militärhilfe der USA gestrichen werden.
Am stärksten trifft die Sanktionsdrohung Kolumbien. Das lateinamerikanische Bürgerkriegsland ist seit Jahren hinter Israel und Ägypten drittgrößter Empfänger von US-Militärhilfe. Für 2004 sind ca. 110 Millionen Dollar geplant. Kolumbien spielt für die USA auch deshalb eine große Rolle, weil es neben dem Kongo – der nicht von der Sperre betroffen ist – als eines der Länder gehandelt wird, aus denen die ersten Fälle des IStGH stammen könnten.
Weiterhin von sofortiger Sperrung betroffen sind die Nato-Anwärter Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, die Slowakei und Slowenien. Für diese Länder und Kolumbien stehen nach Angaben des US-Außenministeriums Gesamthilfen in Höhe von 47, 6 Millionen Dollar aus, die vorerst eingefroren werden. Kolumbien hat noch bis zum 1. Oktober Zeit, sich doch noch für ein bilaterales Abkommen auszusprechen.
Der Großteil der Sperren wird sich erst im kommenden Jahr auswirken, weil die Mittel für 2003 bereits ausgezahlt sind. Betroffen sind unter anderem Länder wie Brasilien, Kroatien, Südafrika und die Zentralafrikanische Republik. Von der symbolischen Streichung nicht existierender Militärhilfe betroffen sind europäische Nicht-Nato-Staaten wie Österreich, Finnland, Irland, Liechtenstein, Schweden und die Schweiz. Bestehende Nato-Mitgliedsländer sind unabhängig von ihrer Stellung zum IStGH von den Sanktionsdrohungen ausgenommen.
Erst vor kurzem hatte sich die Parlamentarische Versammlung des Europarats erneut deutlich hinter den Internationalen Strafgerichtshof gestellt und die Bestrebungen der USA, sich durch bilaterale Abkommen zu schützen, scharf kritisiert. In einer gemeinsamen Position hatte die EU auch den osteuropäischen Beitrittskandidaten verdeutlicht, dass der Abschluss solcher Abkommen die Harmonie des Beitritts empfindlich stören könnte. Kroatien etwa entschied sich daraufhin trotz massiven Drucks aus den USA gegen den Abschluss solch eines Abkommens. Internationale Rechtsexperten halten die bilateralen Abkommen, die sich auf eine in Artikel 98 des Rom-Statuts beschriebene Ausnahmeregelung beziehen sollen, fast unisono für illegal und meinen, damit würden Mitgliedsstaaten ihre Pflichten aus dem Vertrag verletzen.
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