: Selbst ein Abriss von Kirchen ist möglich
Das Erzbistum Berlin muss Schulden von 150 Millionen Euro abbauen. Rund 400 Vollzeitstellen sollen wegfallen
„Mit Gottes Segen“, sagte Kardinal Georg Sterzinsky, „wird es uns gelingen, die Sanierung der Finanzen des Erzbistums in diesem und dem kommenden Jahr zu bewältigen.“ Der Erzbischof von Berlin hat seine Diözese in die Schuldenfalle geritten – und gestern stellte er öffentlich den Sanierungsplan vor, mit dem das flächenmäßig drittgrößte Bistum der Bundesrepublik dem Bankrott entgehen soll.
Die Rettung bringen sollen der Verkauf von Immobilien und Unternehmen, die Halbierung der Zahl der Gemeinden, vor allem aber ein gravierender Personalabbau. Etwa 80 Prozent der Kosten der Bistümer sind Personalkosten. In der Hauptstadt sollen rund 400 von ungefähr 2.700 Vollzeitstellen wegfallen.
Betroffen sein werden mehr als 600 kirchliche Mitarbeiter, vor allem die Nicht-Priester, die Laien. Knapp über 250 Stellen sollen bei den Gemeinden wegfallen, etwa die von Küstern. Ungefähr 140 Stellen werden in der Verwaltung, der Seelsorge und anderen Institutionen des Bistums eingespart. Pfarrer sollen früher in Pension gehen können. Der Abriss von Kirchen ist nach Aussage Sterzinskys nicht ausgeschlossen. Als „Ultima Ratio“ seien betriebsbedingte Kündungen möglich. Er sei zuversichtlich, dass ein Großteil des Personalabbaus sozialverträglich und in gütlichem Einvernehmen vollziehbar sei. Man werde „im Rahmen des Sozialplans großzügige Angebote unterbreiten“.
Die angestellten Mitarbeiter erhalten bis Ende 2005 keine Gehaltserhöhungen, wie die regionale Kommission zur Ordnung des diözesanen Arbeitsvertragsrechtes (Koda) mitteilte. In ihr sitzen auch Arbeitnehmervertreter. Das Urlaubsgeld entfällt für die Jahre 2003 und 2004. Fast alle Angestellten bekommen erst 2006 wieder Weihnachtsgeld.
Das Erzbistum hat einen Schuldenberg von knapp 150 Millionen Euro abzubauen. Wenn der Sanierungsplan, konzipiert von der Beratungsfirma McKinsey, glückt, soll es aber in fünf Jahren weitgehend entschuldet sein.
Auch andere deutsche Bistümer stecken in finanziellen Schwierigkeiten: In Limburg musste ein Defizit ausgeglichen werden. In Rottenburg-Stuttgart wurde ein Personalabbau geplant. Vergangenes Jahr verhängte Mainz eine Haushaltssperre. Selbst das reiche Bistum Köln ist mittlerweile auf einem strikten Sparkurs. Eine Sanierung hinter sich haben das Ruhrbistum Essen und die Deutsche Bischofskonferenz. Auch hier berieten die Sanierer von McKinsey. Gott sei Dank kostenlos.
PHILIPP GESSLER