piwik no script img

Archiv-Artikel

Gender in die Agenda

Grüne wollen bei Agenda 2010 nachbessern: Anrechnung des Partnereinkommensfür arbeitslose Frauen soll gemildert werden. Lange Beschäftigungszeit zählt

BERLIN taz ■ Die Zeiten, in denen sich Bundeskanzler Gerhard Schröder als Frauenversteher inszenieren konnte, sind endgültig vorbei. Denn Frauen werden benachteiligt durch die geplanten Sozialreformen, die Agenda 2010. Die Grünen wollen daher in den Gesetzentwürfen noch etwas nachbessern. Die Kritikerinnen bei den Grünen bemängeln, dass die neuen Minijobs und die neuen Regelungen zum Arbeitslosengeld II die klassische Rolle der Frau als Hinzuverdienerin zementieren.

Der Fraktionsarbeitskreis der Grünen zur Sozialpolitik verabschiedete diese Woche ein Papier mit Forderungen, die die VerhandlerInnen zum Thema Arbeitsmarkt einbringen sollen. In dem Papier, das der taz vorliegt, wird als Hauptproblem benannt, dass Ehefrauen, deren Partner genug verdienen, laut Agenda 2010 keine Arbeitslosenhilfe (das neue Arbeitslosengeld II) mehr beziehen werden. Es gelten verschärfte Regeln für die Anrechnung des Partnereinkommens. Damit sind sie von vielen Massnahmen der Arbeitsförderung und Qualifizierung ausgeschlossen. ABM etwa bekommen zu 90 Prozent Menschen, die Leistungsempfänger waren.

„Es kann doch nicht sein, dass Frauen, die 20 Jahre lang eingezahlt haben, überhaupt keine Leistungen beziehen können, wenn sie arbeitslos werden“, meint die frauenpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Irmingard Schewe-Gerigk.

Dem wollen die Grünen nun durch zweierlei entgegenwirken: Zum einen soll die Anrechnung des Partnereinkommens abgeschwächt werden, wenn die Frau lange gearbeitet und Beiträge entrichtet hat. Zum anderen wollen sie die Frauenquote für die Maßnahmen des Arbeitsamtes, die es jetzt schon gibt, so verändern, dass sie auch Frauen einschließt, die keine Leistungen beziehen.

Die stärkere Anrechnung des Partnereinkommens beim Arbeitslosengeld II hat eine weitere Folge: Wer kein Arbeitslosengeld II mehr bekommt, für den zahlt der Staat auch keine Rentenbeiträge mehr ein. Die Grünen möchten nun im Falle der Arbeitslosigkeit ein „Realsplitting“ der Rentenbeiträge vorschlagen: Die Anwartschaften des Partners werden geteilt, die Arbeitslose bekommt die Hälfte ab.

Ob sich die SPD auf die Forderungen der Grünen einlässt, ist offen. Die Frauenpolitikerinnen der SPD-Fraktion hüllen sich bisher in Schweigen. Auch der DGB ist unentschlossen. Er hatte ursprünglich für Montag eine Pressekonferenz geplant, in dem ein Protestbündnis „Ohne Frauen keine Reform“ vorgestellt werden sollte. Wie es gestern hieß, werde die Pressekonferenz „aus Termingründen“ nun auf unbestimmte Zeit verschoben.

HEIDE OESTREICH