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Archiv-Artikel

Plädoyer für eine bessere Welt

Ignacio Ramonet zeigt die Verbindungen zwischen neoliberaler Globalisierung, Terror und Krieg auf – und bleibt dennoch optimistisch

Auch wenn im Augenblick alles im Zeichen des dritten Golfkriegs steht – die Debatte um die „Neuen Kriege“ geht weiter. Welche internationalen Dimension sie haben, beschreibt Ignacio Ramonet in seinem neuen Buch „Kriege des 21. Jahrhunderts“. Ausgehend vom 11. September betrachtet er dabei den weltweiten Terrorismus und die Vormachtstellung der USA vor dem Hintergrund der neoliberalen Globalisierung.

Ramonet, selbst einer der Gründerväter von Attac, sieht seit den Angriffen auf das World Trade Center die Globalisierungskritiker in einer Krise. Denn: Ihre zentrale Forderung, eine Besteuerung von internationalen Finanztransfers, habe durch den Terroranschlag einen unangenehmen Beigeschmack bekommen. Da die Täter ihre Motive nie erklärt haben, werde der Anschlag oft in Verbindung mit den sozialen Missständen gebracht, die aus der Globalisierung resultierten. Diese Kritik werde seitdem im öffentlichen Diskurs überdeckt vom propagandistischen Kampf gegen den Terrorismus.

Ramonet verweist darauf, dass all jene Bewegungen des Terrorismus bezichtigt würden, die berechtigt oder unberechtigt die staatliche Ordnung umstoßen wollten. Es hieße dann schlicht: „Fast alle politischen Zirkel haben sich im Laufe der Geschichte irgendwann auf den Terrorismus als Prinzip des politischen Handelns berufen.“

Dagegen weist Ramonet auf einen interessanten Zusammenhang zwischen dem neuen Terrorismus à la al-Qaida und der der neoliberalen Globalisierung hin: Während staatliche Strukturen und die Politik geschwächt würden, gewännen Netzwerksstrukturen an Bedeutung. In diesem Sinne sei auch al-Qaida stark an die bestehende Form der Globalisierung angepasst.

Gerade die USA arbeiteten bekanntermaßen in verschiedenen Konflikten auf der Welt mit Terroristen zusammen, so auch früher mit Ussama Bin Laden, als er noch gegen die Sowjetunion kämpfte. Nun, da er sich als ein Frankenstein’sches Monster erwiesen habe, das sich gegen den Schöpfer wende, und da die Sowjetunion zusammengebrochen ist, sei der „terroristische“ radikale Islamismus der willkommener Widersacher, der Aufrüstung und militärische Interventionen rechtfertigen ließe.

In diesem Sinne haben die Amerikaner den „Krieg gegen den Terrorismus“ konsequent auf den Irak ausgedehnt – obwohl Bush die Gründe für den Krieg, den Einfluss des islamischen Fundamentalismus und Saddams Verbindungen zu Bin Laden, nie beweisen konnte.

Als Krieg neuen Typs beschreibt Ramonet auch den Kosovokrieg. Er ging aus keiner Bedrohungssituation hervor, sondern wurde als „moralische Pflicht“ verstanden. Die Politik der „null Toten“ war der höchste Imperativ – in Bezug auf die alliierten Angreifer. Auf Seiten der Serben sah dies ganz anders aus. Die Region wurde um 20 Jahre zurückgebombt. Die ungleichen Kräfteverhältnisse sind für Ramonet ein Kennzeichen dieser neuen Kriege.

Klar sei: Kriege zielen im Zeitalter der Globalisierung weniger auf die Eroberung von Ländern als auf die von Märkten. Eroberte Gebiete sind langfristig politisch nicht haltbar, militärisch gefährlich und finanziell kostspielig. Gleichzeitig werden neoliberale Ziele mit den neuen Kriegen durchgesetzt.

Ein weiterer wesentlicher Aspekt ist die Stärkung der Vormachtstellung der USA. Nach dem Untergang der Sowjetunion sind sie als einzige Weltmacht verblieben. Ramonet sieht sie durch den 11. September nicht geschwächt, sondern gestärkt: Es gelang den Vereinigten Staaten durch die Solidaritätserklärungen aus aller Welt die Politik anderer Länder stärker an die eigenen Vorhaben zu binden. (Einschränkend muss man sagen: Das Buch wurde vor dem Irakkrieg veröffentlicht.)

Trotz seiner zugespitzten Thesen zieht Ramonet ein positives Fazit: Eine andere Welt, ja eine bessere Welt sei möglich – ohne dass er im Einzelnen ausführt, wie sie aussehen sollte. Nur so viel: Während im Hier und Jetzt die Probleme umrissen werden, lockt eine Zukunft, in der der Mensch das Ruder in die eigene Hand nimmt und das sozial wie ökologisch zerstörerische System besiegt. So wären die neoliberale Globalisierung und die Kriege zu überwinden. Das klingt wunderbar. Über den Weg dahin hätte man aber gern etwas mehr gelesen. THOMAS GÜNTHER

Ignacio Ramonet: „Kriege des 21. Jahrhunderts. Die Welt vor neuen Bedrohungen“, aus dem Französischen von Birgit Althaler, 220 Seiten, Rotpunktverlag, Zürich 2003, 19,80 €