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Archiv-Artikel

Schülerprotest ab Montag teurer

Ab nächste Woche gilt der Schülerprotest gegen den Krieg als „Schwänzen“ und wird bestraft. Gestern blieben die Demonstrationen in Deutschland eher klein

BERLIN taz ■ Was heißt hier schwänzen? „Demonstrieren während der Unterrichtszeit ist einfach ein stärkeres Zeichen als am Nachmittag“, erläuterte der taz gestern Emanuel Kopp vom Stuttgarter Bündnis „Jugend gegen den Krieg“, das maßgeblich von SchülerInnen getragen wird. „Die Resonanz ist dann größer.“

Ob SchülerInnen nun während der Unterrichtszeit demonstrieren dürfen oder nicht, darauf hat etwa die Rechtsabteilung des Kultusministeriums in Stuttgart eine eindeutige Antwort: „Nein. Und beurlauben für politische Demonstrationen dürfen die Direktoren gar nicht, weil sonst die Schule ihre Neutralitätspflicht verletzt“, erklärte der taz gestern ein Jurist.

Andererseits wollten sich die Landesregierungen nicht unbeliebt machen, auch nicht bei demonstrierenden LehrerInnen. Deshalb fielen die behördlichen Ermahnungen bundesweit recht verhalten aus. „Unentschuldigtes Fehlen ist eine Verletzung der Schulpflicht“, erklärten sämtliche Kultusministerien – und ergänzten meistens, Schulleitungen könnten aber beurlauben.

Der Sprecher des nordrhein-westfälischen Schulministeriums meinte, von der Regel – keine Demos während der Unterrichtszeit – könne es „Ausnahmen aus pädagogischen Gründen“ geben, solange der Unterricht nachgeholt werde. Die Bezirksregierung Köln dagegen wies darauf hin, dass man kommende Woche andere Saiten aufziehe: „Wenn ab Montag Schüler fehlen, müssen die Schulleiter uns das melden. Dann können wir ein Bußgeldverfahren einleiten“, erklärte eine Bezirkssprecherin der taz. „Ein Erstverstoß kostet 173 Euro 40 Cent.“

Gestern jedenfalls gingen in der ganzen Republik wieder tausende von SchülerInnen gegen den Irakkrieg auf die Straße – mit und ohne Erlaubnis. Aus dem nordrhein-westfälischen Witten etwa wurde gemeldet, dass sämtliche Wittener Schulen und viele Eltern auch aus Bochum und Hattingen sich an einem Protestmarsch beteiligt hätten. Im brandenburgischen Potsdam marschierten rund 2.500 Jugendliche unter dem Motto „Wenn Bomben fallen, wollen wir nicht schweigen – gegen Saddam und gegen Krieg“ durch die Innenstadt. Im niedersächsischen Göttingen hatten schon frühmorgens 1.000 SchülerInnen Kundgebungen auf Schulhöfen und in Turnhallen abgehalten.

Größere Demonstrationen sind bundesweit wieder für heute angemeldet. Im Vergleich zu den Massenkundgebungen am Donnerstagabend blieb das Demo-Aufkommen bis gestern Nachmittag eher gering. Vor allem vor Institutionen oder Militärstützpunkten der USA gab es Blockaden oder Protestaktionen. In Berlin setzte sich die PDS inklusive Parteichefin Gabi Zimmer protestierenderweise vor die US-Botschaft, in Hamburg sammelten sich ein paar Dutzend Menschen zu einer Mahnwache vor dem US-Konsulat. 1.000 Menschen, wiederum vor allem SchülerInnen, demonstrierten vor dem Hauptquartier der US-Streitkräfte in Heidelberg. Eine Sitzblockade vor dem Oberkommando der amerikanischen Streitkräfte in Europa in Stuttgart wurde nach gut einer Stunde von der Polizei abgeräumt – etwa 50 Menschen seien in Gewahrsam genommen worden, teilte die Polizei mit.

ULRIKE WINKELMANN